Florence + The Machine: High As Hope

„Da ist sehr viel Liebe in dieser Platte, auch Einsamkeit, aber sehr viel Liebe“, sagt Florence Welch über „High As Hope“. Es ist das vierte Album ihrer Band Florence + The Machine, auch Florence And The Machine geschrieben. Auf dem hat sie sich von der Harfe, also jenem Instrument, das die Songs zu Beginn ihrer Karriere bestimmt hatte, noch nicht ganz verabschiedet. Sie ist aber deutlich in den Hintergrund gerückt und nicht mehr omnipräsent. Geblieben ist Welchs Hang zu ausschweifenden, groß angelegten Kompositionen. Obwohl sie nicht die ganz großen Klangwände aufzieht, sagt sie unmissverständlich: „Ich werde niemals minimal sein.“ Streicher, Piano, Choreinlagen und ihre unverwechselbare, sirenenhafte Stimme bestimmen weiterhin die „High As Hope“-Songs.

Die spenden in diesen chaotischen, unruhigen und sicherlich nicht einfachen Zeiten etwas Trost und Wärme. So handelt die Single „Hunger“ „davon, wie wir nach der Liebe suchen, wo keine Liebe ist und wie die Versuche, sich weniger allein zu fühlen, einen manchmal noch mehr isolieren können. Ich glaube, ich habe mich verwundbarer gemacht, um eine Verbindung herzustellen, denn vielleicht fühlen viele so und sind dann in der Lage, es zuzugeben. Wenn Du manche Sachen nicht aussprechen kannst, dann kannst du sie singen“, sagt die Protagonistin. Welch ist pro Liebe: „Hold on to each other“ (Haltet einander fest) ist die zentrale Aussage des Auftaktsongs „June“. Sie singt aber auch – wie eingangs angedeutet – von Einsamkeit und Melancholie: „But the loneliness never left me / I always took it with me / But I can put it down in the pleasure of your company / And there will be no grand choirs to sing“ (aus „No Choir“). Die Songs sind „aus Freude und Wut“ heraus entstanden, wie Welch betont. Aber wenn sie nachdenklich wird, motivieren der Rhythmus und der Text – wie in dem Song „Patricia“, der mit den Worten „It‘s such a wonderful thing to love“ endet.

„High As Hope“ kommt drei Jahre nach „How Big, How Blue, How Beautiful“ und zwischenzeitlichen Kollaborationen mit Rufus Wainwright, Banks & Steelz (Wu-Tang Clan-Kopf RZA und Interpol-Frontmann Paul Banks), Lady Gaga, Rihanna und Sia auf den Markt. An dessen Entstehung waren neben dem Co-Produzenten/Songschreiber Emile Haynie (Lana Del Rey, Bruno Mars) zahlreiche Gäste beteiligt. Zu deren prominesten zählen der Jazzmusiker Kamasi Washington (Saxofon), The xx-Mitglied Jamie xx (Schlagzeug), der Electro/Soul-Newcomer Sampha (Piano), Josh Tillman alias Father John Misty (GItarre) und der junge Singer/Songwriter Tobias Jesso Jr. (Piano, Keyboard). Mit ihnen sind Welch wunderbare und – so klischeehaft es klingen mag – berührende Lieder geglückt. Neben dem brillanten „Hunger“ (mit Jesso Jr.) drängt sich vor allem das umwerfende „100 Years“ (Washington) vor.

Kai Florian Becker (Juli 2018)