Wovenhand: Refractory Obdurate

Was für ein Album. David Eugene Edwards, der Kopf hinter Wovenhand (oder auch Woven Hand) hat ein Meisterwerk erschaffen. Waren seine vorherigen Alben – egal ob mit der Vorgängerband 16 Horsepower, solo oder eben mit der vor zwölf gegründeten Band Wovenhand – nie schlecht, mit „Refractory Obdurate“ übertrifft er alles Vorherige.

Seit „The Laughing Stalk“ aus dem Jahr 2012 hat sich einmal mehr die Besetzung bei der Alternative Country-Band geändert. Neben Edwards, Gitarrist Charles Edward „Chuck“ French und Schlagzeuger Ordy Garrison gehört jetzt Bassist Neil Keener dazu. Kenner spielt(e) wie French in der empfehlenswerten Post-Hardcore-Band Planes Mistaken For Stars. Vielleicht ist das eine Erklärung für die neue Härte. Die hatte sich schon in die „Laughing Stock“-Lieder eingeschlichen, ist auf „Refractory Obdurate“ aber noch präsenter. Der aggressive Edwards ist ebenfalls neu. Doch diese Facette steht ihm gut. Früher mimte er den Leidenden und Leidenschaftlichen, heute den teils Wutentbrannten. Dieser Gemütszustand setzte in ihm neue Energien frei, die in die Songs eingeflossen sind.

Früher undenkbar haut er heute dem Hörer einen Kracher wie „Field Of Heldon“ um die Ohren. Die Hardcore/Punk-Vergangenheit zweier Mitglieder lässt sich hier nicht verleugnen. Das Schlagzeug prescht vor, die verzerrten Gitarren schießen hinterher und der Bass wummert mit. „Hiss“ ist ein weiteres Beispiel: Die Gitarren sägen sich durch die Gehörgänge, das Schlagzeug poltert, während der Bass fast untergeht. Durch „Masonic Youth“ walzen die vier Musiker drei Minuten lang, ehe sie plötzlich mit einer Urgewalt zu Werke gehen, dass einem Angst und Bange werden kann.

Früher spielte er ganz in sich gekehrt im Sitzen auf seiner Slide-Gitarre. Heute scheint Edwards vor Energie zu zerbersten und nicht nur zu lamentieren, sondern mit versteinertem Blick und erhobenem Zeigefinger zu drohen. Dass es ihn bei den anstehenden Konzerten noch auf dem Stuhl halten wird, erscheint höchst unwahrscheinlich. Die neuen Lieder gehen durch Mark und Bein, reißen einen mit, rütteln einen wach und schütteln einen durch.

Dass deren Energie so perfekt eingefangen werden konnte, mag daran liegen, dass sie im Studio live eingespielt wurden. Die Aufnahmen überwachte Sandford Parker, der ein Experte für harte Musik ist. Er ist als Mitglied der Underground-Metal-Bands Minsk, Buried At Sea und Corrections House bekannt. Aber auch als Toningenieur für Voivod, Pelican und unzählige andere Bands.

Dennoch hat „Refractory Obdurate“ tatsächlich auch seine ruhigen Momente. Für das hypnotische „Obdurate Obscura“ wurde das Schlagzeug durch Percussions ersetzt, die E- durch die Slide Gitarre und ein summender Männerchor dazu genommen. Solche Lieder waren früher bei Wovenhand an der Tagesordnung. Die rauere Gangart gefällt aber mindestens genauso gut. Und es wird interessant zu sehen, wie sich die „Refractory Obdurate“-Lieder live machen – auch im direkten Kontrast zu den älteren Kompositionen.

Kai Florian Becker (Mai 2014)