Elbow: The Take Off And Landing Of Everything

Wenn die großen Melancholiker etwas machen, dann machen sie es richtig. Ein neues Elbow-Album zu hören, ist, wie einem engen Freund nach Jahren endlich wieder zu begegnen. Es kann noch so lange her sein – es fühlt sich gleich so an, als sei das letzte Treffen erst gestern gewesen. Auf „The Take Off And Landing Of Everything“ übertragen heißt das: Bei dem ersten Song „This Blue World“ hat sich nach kaum drei Minuten bereits ein Gefühl der absoluten Vertrautheit eingestellt. Da sind sie wieder: die unverwechselbare Stimme von Guy Garvey, die opulent aufgetragene Betrübtheit und die feinfühlige Instrumentierung mit Klassik-Begleitung. All das, was Elbow auszeichnet.

Das galt bereits für den Vorgänger „Built A Rocket Boys!“, der ihnen 2011 viel Kritikerlob und mit Rang zwei ihren bis dahin höchsten Chartplatz in Großbritannien einbrachte. Damals gab es auch nichts an den Songs auszusetzen. Auf ihren Lorbeeren ausgeruht haben sie sich fortan nicht. Wenige Monate nach der Veröffentlichung gaben Elbow bekannt, dass sie in Kooperation mit der Brauerei Robinson ein eigenes Bier, benannt nach dem Album, auf den Markt bringen würden. Leider ist das durchaus wohlschmeckende Gebräu seit Ende letzten Jahres nicht mehr erhältlich. Allerdings haben Elbow gerade ein neues Bier angekündigt: ein Golden Pale Ale namens „Charge“, das sie mit der Brauerei Marston kreiert haben.

Seit „Built A Rocket Boys!“ haben sie aber nicht nur gebraut, sondern ausgiebig getourt, waren an der Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele in London beteiligt und haben Songs für ihr neues Album zusammengetragen. Womit wir wieder bei „The Take Off And Landing Of Everything“ wären.
Während „This Blue World“ läuft, wird einem schnell bewusst: Man hat sie sehr vermisst und freut sich ungemein, dass sie wieder da sind, diese edlen Romantiker, die aus jedem Song ein Opus zaubern. So viel Liebe zum Detail gepaart mit einem hohen Maß an Eleganz – da kommt Freude auf. Wie die Herren durch „Charge“ schweben, ist phänomenal und gelingt so derzeit keiner anderen Band. Und wenn in „Fly Boy Blue/Lunette“ eine quäkende Gitarre auf schrille und brummige Bläser trifft, stört das keineswegs, sondern passt zur Dramaturgie des Liedes. Sie verabschieden sich nach knapp einer Stunde mit dem tagtraumhaften „The Blanket Of Night“, das noch viele Sekunden nach seinem Ende in die Stille hinein nachhallt. Elbow haben es einfach drauf.

Kai Florian Becker (Februar 2014)