Marteria: Zum Glück In Die Zukunft II

Was er auch anpackt, es wird stets gut. Meist sogar besser als gut. Die Rede ist von Marten Laciny, der fast mal Profifußballer geworden wäre und heute als Rapper unter den Namen Marsimoto und Marteria auftritt. Nach wie vor ist er glühender Anhänger seines damaligen Vereins: des FC Hansa Rostock, der derzeit mit Saarbrücken und Elversberg in der 3. Fußball-Liga spielt. Auf dem Banner der Facebook-Seite des Vereins wirbt er derzeit sogar für neue Mitglieder.

Hansa Rostock ist wiederum Fan von Marteria. Daher hat sich die erste Mannschaft dieser Tage als Werbeträger für sein neues Album „Zum Glück In Die Zukunft II“ ablichten lassen. Eine Hand wäscht die andere. Ist der Fußball der Rostocker noch drittklassig, die Musik Marterias hat sich bereits in der obersten Liga festgespielt.
Sein Geheimnis ist wohl, dass er über alles die künstlerische Oberhand behält und auf enge Freunde vertraut. Sein Kompagnon Paul Ripke führt bei den Videos Regie und fotodokumentiert alles. Er liefert meist beeindruckende Bilder von Marterias Tourneen und den Reisen nach Chile, Island oder Alaska.

„Das Thema der Platte ist die Welt“, erklärt Marteria. Denn „seit das letzte Album draußen ist, sind wir gereist“ – u.a. mit der gemeinnützigen Organisation „Viva Con Aqua“ für ein Trinkwasserprojekt nach Uganda und mit den Toten Hosen nach Argentinien. Dazwischen nahm er in Berlin mit Miss Platnum und Yasha den Nummer-Eins-Hit „Lila Wolken“ auf. Sein Arbeitspensum kann sich sehen lassen. Die Qualität seines Tuns aber auch.

„Zum Glück In Die Zukunft II“ hat zwei Gesichter: das eine zeigt das teils aggressive Feierbiest Marteria, das andere den nachdenklichen, melancholischen Musiker. Für die Partybeschallung eignet sich die von Old School-HipHop-Beats und Dub-Rhythmen untermalte Single „Kids (2 Finger An den Kopf)“, in der die Veränderungen im Freundeskreis beleuchtet werden: „Jeder glücklich Zweiter, keiner mehr Verlierer / Keiner geht mehr klauen, freundlich zum Kassierer / Alle ziehen aufs Land, in die große Stadt nie wieder / Silbernes Besteck – Goldener Retriever / Alle mähen Rasen, putzen ihre Fenster / Jeder ist jetzt Zahnarzt – keiner ist mehr Gangster“. Marteria ist ein exzellenter Beobachter und ein treffsicherer Texter.

Zur Revolution gegen die Mächtigen ruft er in „Bengalischer Tiger“ auf: „Lassen uns auf den Straßen nieder / Holen uns unsere Straßen wieder (…) Jetzt wird Goethe zitiert, also Faust hoch“. Zum Feiern geeignet, andererseits auch sehnsüchtig ist das HipHop/Dub-Stück „OMG!“: „Die Realität besteht eben nicht nur aus Abfeierei im Club“, betonte Marteria zuletzt. Daher hat er mit den bereits erwähnten Freunden Miss Platnum und Yasha das nachdenkliche „Glasklar/Herzglüht“ aufgenommen, dessen prägnanteste Stelle die simple, aber wahre Zeile ist: „Jeder Mensch lacht anders, doch alle weinen gleich“. Ein weiterer Gast ist Toten Hosen-Sänger Campino. Er hat in „Die Nacht Ist Mit Mir“ einen Kurzauftritt. Der Song beschreibt das traurige Dasein eines Alkoholsüchtigen und wird von HipHop und Funk begleitet.
Ganz gleich welchem Thema er sich zuwendet, Marterias Wortspiele sind beeindruckend. Und ganz gleich, ob er ein auf Anhieb eingängiges Partylied oder einen vordergründig unspektakulären Song wie „Eintagsliebe“ oder „Gleich Kommt Louis“ (eine Hommage an seinen Sohn) schreibt, er macht bei weitem kein HipHop-Einerlei.

Kai Florian Becker (Januar 2014)