…And You Will Know Us By The Trail Of Dead: Tao Of The World

…And You Will Know Us By The Trail Of Dead, kurz Trail Of Dead, kehren mit ihrem siebten Studioalbum zu ihren Wurzeln zurück. Nachdem der Vorgänger, “The Century Of Self”, leicht enttäuschte, knüpfen die Köpfe der Band, Jason Reece und Conrad Keely, auf “Tao Of The World” an alte Zeiten an. Die Wucht und die Dynamik früherer Tage, die ungebändigte Aggressivität, der Verve, der Bombast – all das ist hier anzutreffen.

Aufgenommen wurden die zwölf Songs binnen zehn Tagen in Kooperationen mit den Produzenten Chris “Frenchie” Smith, der auch schon beim namenlosen Debüt (1998) seine Finger an den Reglern hatte, und Chris Coady (Yeah Yeah Yeahs). Allerdings in einer zum Vorgängerwerk veränderten Besetzung: Reece und Keely wurden nur von Autry Fulbright II und Aaron Ford assistiert – also waren vier statt wie zuvor sechs Musiker involviert. Trail Of Dead haben sich also reduziert, wobei dies in keinster Weise negativ zu Buche schlägt. “Tao Of The World” sprüht vor Frische, vor Energie und vor Kraft. Vielleicht sind sie die letzten Jahre bewusst etwas kürzer getreten, um sich zu regenerieren, die Kraftzellen aufzutanken und sich nun gestärkt zurückzumelden? Wie dem auch sei, in der jetzigen Form können sie noch lange weitermachen und die Konkurrenz locker ausstechen.

Streng genommen besteht das Album aus zwei mehrteiligen Songs: die Tracks eins bis elf ergeben den ersten, der fünffach untergliederte zwölfte Track den zweiten. Laut Band sollte man sich das Album in einem Zug genehmigen. Keely erklärte dazu in einem Interview mit dem US-Magazin “Spin”: “Zu meinen Lieblingsalben zählten Pink Floyds ‘Dark Side Of The Moon’, ‘Relayer’ und ‘Close To The Edge’ von Yes und Rushs ‘Hemispheres’. Ich liebte es, mir Alben anzuhören, die aus einem zusammenhängenden Stück bestehen – ähnlich einem Orchester oder einer Symphonie.”

Die Songs auf “Tao Of The Dead” als orchestral zu bezeichnen, ist alles andere als übertrieben: siehe das abschließende 17-minütige “Tao Of The Dead Part Two: Strange News From Another Planet”. Wie sich Trail Of Dead Heuer in einen Orchesterrock-Bombast-Rausch spielen, zeigt auch “The Fairlight Pendant”: Mehrere Gitarren-Feedbacks stehen im Raum, Schlagzeug und Bass nehmen gemächlich Fahrt auf, das Plektrum fegt immer schneller über die Saiten bis nach zwei Minuten des Sich-Hochschaukelns kurz Ruhe einkehrt und dann wieder langsam die Klangeruptionen loslegen. Es bedarf wahrlich keiner psychedelischen Hilfsmittel, um bei dieser Musik Rauschzustände zu bekommen.

Der Albumtitel geht übrigens auf die philosophische Aphorismensammlung “Tao Te Ching” bzw. “Daodejing” zurück. Da sich die Band beim Verfassen der Texte von besagtem Hauptwerk des Daoismus inspirieren ließ, ersann Reece das Wortspiel “Tao Of The Dead”. Aber chinesische Philosophie hin oder her, Trail Of Dead haben einen ersten heißen Anwärter auf die Top Ten des Jahres 2011 abgeliefert. Punkt.

Kai Florian Becker (Februar 2011)