Zola Jesus: Stridulum II

Bei dieser Musik ziehen dunkle Wolken auf. “Nie war ein sonniger Tag so düster”, kommentierte denn auch ein Youtube-User einen Videomitschnitt des Auftritts von Zola Jesus auf dem renommierten Musikfestival South-By-Southwest (SXSW) im Frühjahr dieses Jahres. Nika Roza Danilova spielte mit ihrer Band, drei Musikern an Keyboards, Samplern und E-Schlagzeug, den Song “Night”. Passend zum Titel trugen sie alle schwarz. Und das trotz Sonnenschein und Hitze. Danilova, der Kopf hinter Zola Jesus, zieht ihr Ding eben konsequent durch. Sie mimt die düstere, verzweifelte, Trauer tragende Künstlerin und erschafft Musik, die trotz größter Melancholie Trost spenden kann. Denn an Schönheit sind ihre Songs schwer zu übertreffen.

Neu ist diese Musik nicht. Zum einen, weil Danilova keine Newcomerin ist: Das aktuelle Werk “Stridulum II” ist bereits ihr zweites. Zum anderen hat im letzten Jahr Karin Dreijer Andersson, Mitglied des schwedischen Avantgarde-Electro-Geschwisterduos The Knife, unter dem Künstlernamen Fever Ray mit ähnlicher Musik massenhaft Musikliebhaber und -kritiker begeistert. Kurioserweise tritt im kommenden Spätsommer Danilova mit Zola Jesus im Vorprogramm von Fever Ray auf – u.a. am 9. September im Olympia in Paris. Immerhin wird Zola Jesus so endlich die Aufmerksamkeit zuteil, die ihnen seit längerem zusteht.
2006 lancierte die heute 21-jährige, aus Russland stammende Musikerin, die auch Mitglied der schrägen, experimentellen Electronica-Band Former Ghosts ist, ihre Solokarriere. Zuvor genoss sie eine Ausbildung zur Opernsängerin, was ihre kräftige, klare Stimme erklären mag.

“Stridulum II” ist die Fortsetzung des im März veröffentlichten Minialbums “Stridulum”, das von der internationalen Presse gefeiert wurde. Ihre spannungsgeladene, atmosphärisch dichte und an düstere Soundtracks erinnernde Musik bohrt sich tief ins Herz des Hörers, nimmt von allen Sinnen Besitz und bedeckt die Seele mit einem zart-schwarzen Schleier. Man kann sich von den Songs “Night”, “Stridulum”, dem brillant-dramatischen “Manifest Destiny”, dem betörenden Pianosong “Lightsick” oder dem wohl besten Stück, “Sea Talk”, runterziehen lassen oder auch die Schönheit in ihnen entdecken und sich an dieser ergötzen – ähnlich wie bei Joy Division und The Xx.

Bleibt zum Schluss nur die Frage, wie man diese Musik am treffendsten umschreibt. LoFi-Gothic-Electro? Oder ist es eine Hommage an die Soundtracks italienischer Horrorfilme aus den Siebzigern? Auf solche Filme steht Danilova bekanntermaßen.

Kai Florian Becker (September 2010)