Gorillaz: The Fall

Im März des letzten Jahres veröffentlichte die Cartoon-Band Gorillaz ihr drittes Studioalbum “Plastic Beach”. Im Dezember folgte bereits das vierte. Wobei hier nicht wirklich von einem Studioalbum die Rede sein kann. Bandgründer Damon Albarn, bekannt von Blur und The Good, The Bad And The Queen, schrieb die 15 Songs auf einem iPad und nahm sie im Oktober binnen 32 Tagen während der Nordamerika-Termine der “Escape to Plastic Beach World Tour” auf.

Im November verkündeten die Gorillaz die Veröffentlichung des Albums, das sie “The Fall” getauft hatten. Es erschien letztlich an Heiligabend auf der Website der Band – für Fanclubmitglieder zum kostenlosen Download, für alle anderen als Stream zum Anhören. Irgendwann in diesem Jahr soll das Werk auch auf einem regulären Tonträger in den Handel kommen. Wer nicht so lange warten möchte, muss sich mit der Online-Version begnügen.

Aufgrund der Tatsache, dass Albarn die Songs auf seinem modischen mobilen Gerät mit dessen diversen Applikationen komponierte und nur auf wenige physikalische Klanggerätschaften wie Gitarre, Piano, Keyboard, Ukulele und Melodica zurückgriff, rechtfertigt dies deren dezente Minimalität. Von Unvollkommenheit kann man allerdings nicht sprechen. Es sind eher auf das Wesentlichste reduzierte Stücke: ihr Skelett plus ein wenig Fleisch und Muskulatur. Genau so viel, wie es eben braucht, um nicht zu bruchstückhaft zu sein.

In “Aspen Forest” dominiert ein 80er Jahre-Keyboard-Sound. Dazu zupft Paul Simonon (The Clash/The Good, The Bad & The Queen) die Basssaiten, und James R. Grippo widmet sich einem Kanun, einer orientalischen Variante einer Zither. Ein weiterer prominenter Gast auf “The Fall” ist Bobby Womack, der in der verträumt-melancholischen Electro-Soul-Ballade “Bobby In Phoenix” singt und zur Gitarre greift. Interessanterweise wurde der Song in eben jenem Phoenix aufgenommen. In New Jersey und in Virginia gesellte sich Simonons The Clash-Kollege, Gitarrist Mick Jones, zu Albarn und half diesem bei der Vollendung des schrägen “Hillbilly Man”, das sich so anhört, als würde ein Gorilla versuchen, so etwas wie einen Text ins Mikrofon zu sprechen. Kurzum: “The Fall” ist dank der vielen minimal-elektronischen Ideen das etwas andere Gorillaz-Album. Interessant ist es allemal; ein Novum sowieso. Allein schon wegen seiner Entstehung.

Kai Florian Becker (Dezember 2010)