Biffy Clyro “Balance, Not Symmetry”

Letzte Woche Dienstag (14.5.) wurde bekannt, dass nur drei Tage später das neue Biffy Clyro-Album „Balance, Not Symmetry“ erscheinen würde. Wer die Social Media-Kanäle der Schotten abonniert hat, wusste seit spätestens Februar, dass die Band mit dem Schreiben neuer Songs begonnen hatte. Auf Instagram sah man Sänger und Gitarrist Simon Neil mit Stift und Notizbuch auf dem Bett beim Ideensammeln.

Neil war in letzter Zeit gut beschäftigt. Zum einen komponierte er mit seinen Bandkollegen James Johnston (Bass, Gesang) und Ben Johnston (Schlagzeug, Gesang) Songs für das besagte Album; zum anderen schrieb er mit dem britischen Regisseur und Produzenten Jamie Adams das Drehbuch zu dem Drama „Balance, Not Symmetry“, dessen Soundtrack das gleichnamige Album darstellt. Der Film handelt von einer US-Studentin, die an der „Glasgow School Of Art“ eingeschrieben ist. Als ihr Vater plötzlich stirbt, stellt dies ihr Leben auf den Kopf und sie hinterfragt alles.

Der Soundtrack folgt auf das gute, aber nicht überragende Biffy Clyro-Album „Ellipsis“ (2016) und das im Mai des letzten Jahres veröffentlichte Livealbum „MTV Unplugged: Live At Roundhouse, London“. „Balance, Not Symmetry“ (jetzt als Download und Stream erhältlich, ab 26.07. auch auf Vinyl) als reguläres achtes Studioalbum einzuordnen, wäre sicherlich übertrieben. Die Songs sind dazu da, die Handlung des Films und dessen dramaturgische Dynamik zu untermalen. Folglich kommt dieses Album eher einer Compilation mit unterschiedlich gearteten Songs gleich.

Biffy Clyro zeigen ein großes musikalisches Spektrum: vom harten, verqueren Alternative Rock der frühen Alben bis hin zu den Pop-Ausflügen auf „Ellipsis“. Die Ballade „Plead“ könnte ohne weiteres weit oben in den Mainstream-Charts auftauchen: Synthesizer, dezenter Funk-Bass und mehrstimmige Gesänge dominieren, bis nach fast drei Minuten der aufgewachte Schlagzeuger und die verzerrten Gitarren diese Idylle zerstören. Die herrscht wiederum bei den vielen, teils instrumentalen Balladen: siehe das Boyband-mäßige „Different Kind Of Love“, „Pink“, „Yellow“ und „Adored“. Ihr verdrehter Alternative Rock bzw. ihre Härte haben auf „Balance, Not Symmetry“ erfreulicherweise auch noch etwas Platz gefunden: im Titelsong, in „Sunrise“ und in dem famosen „Fever Dream“.

Nach „Ellipsis“ war nicht ganz klar, wohin die Band musikalisch will. Diese Frage bleibt immer noch unbeantwortet. Biffy Clyro wollen derzeit alles. Vielleicht sollten sie sich vor den Aufnahmen zu ihrem nächsten regulären Album, dessen Arbeitstitel „Opus 8“ ist und an dem das Trio aktuell arbeitet, entscheiden, ob es in Richtung Pop oder Alternative Rock gehen soll. Beides wird auf Dauer schwierig.

Kai Florian Becker (Mai 2019)