Gorilla: Humanz

Seit einigen Wochen infiltrieren sie die sozialen Netzwerke mit Kurzvideos, Bildern, Nachrichten und Vorabsongs: die Gorillaz. Sieben Jahre nach ihrem letzten Album, dem auf einem iPad produzierten „The Fall“, meldet sich die virtuelle Comic-Band von Damon Albarn, bekannt als Frontmann der einstigen Oasis-Rivalen Blur, und Illustrator/Zeichner Jamie Hewlett doch wieder zurück.

Im Sommer 2015 hatte Albarn verkündet, dass er bald mit den Arbeiten an einem fünften Gorillaz-Album beginnen würde. Das war überraschend, schließlich hatten sich er und Hewlett überworfen, womit das gemeinsame Projekt für Außenstehende eigentlich ad acta gelegt schien. Aber die Gorillaz-Köpfe vertrugen sich wieder und beschlossen, weiter zu machen.

Im Frühling 2016 stellte Hewlett erste Videoclips als Appetithäppchen auf das nächste Album ins Internet. Nach und nach wurde dort das Leben der virtuellen Gorillaz-Mitglieder 2D, Murdoc Niccals, Russel Hobbs und Noodle in Videos und Bildern Revue passieren gelassen. Dazu gesellten sich erste Songs (insgesamt erschienen fünf vorab) und die Meldung, dass die Band im englischen Kent ihr eigenes Festival namens „Demon Dayz Festival“ veranstalten werde. Die Gorillaz waren wieder in ihrem Element und funkten über alle erdenklichen Kanäle.

Der vorübergehende Höhepunkt dieses Comeback-Feldzugs ist die Veröffentlichung von „Humanz“. Wieder waren zahlreichen prominente Künstler zur Stelle. So hieß Albarn u.a. Grace Jones, De La Soul, Rag’n’Bone Man, Mavis Staples (The Staple Singers) und sogar seinen ehemaligen erbitterten Kontrahenten Noel Gallagher (Oasis) im Studio willkommen. Das waren nicht alle Beteiligte; die Liste ist länger. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur die Erkenntnis, dass er junge wie alte Künstler engagierte, diese aus unterschiedlichen Pop-Disziplinen stammen und dennoch ein homogenes Album erschuf.

Albarn scheut die Gegensätze nicht – sowohl was die Zusammensetzung der Gäste betrifft als auch die der Musik. Die Haupteinflüsse auf „Humanz“ sind Alternative HipHop und der weitreichende Sektor Electro. Vor den chartkompatiblen Popsong „Andromeda“, eine Art Future-Funk mit R&B-Einschlag, stellte Albarn das fetzig-schräge „Charger“ mit der extravaganten Grace Jones. Für „We Got The Power“ scharte er die großartige Savages-Frontfrau Jenny Beth, seinen früheren Intimfeind Noel Gallagher und den US-Rapper Shelley Marshaun Massenburg-Smith alias D.R.A.M. um sich. Herausgekommen ist ein euphorisierender Synthiepop-Hit, dessen Aussage eindeutig ist: Es ist nie zu spät, sich zu vertragen oder etwas zu (ver)ändern. Ein wichtiges Fazit für dieses Album. Hatte Albarn doch während der Produktion dieser düsteren Fantasiegeschichte namens „Humanz“ von seinen Gästen verlangt, sich vorzustellen, Donald Trump würde die damals noch anstehenden US-Wahlen gewinnen. Tja…