Andrew Falkous (Future Of The Left): Kein großer Marilyn Manson-Fan

Als die renommierte Noiserock-Band Mclusky und das Dancepunk-Quintett Jarcrew auseinander brachen, entstand anno 2005 Future Of The Left. Nach einige Umbesetzungen besteht die walisische Noise/Post-Hardcore-Band heute aus den Ex-Mclusky-Mitgliedern Andrew Falkous und Jack Egglestone sowie Julia Ruzicka (Bass, Ex-Million Dead). Ein Gespräch mit Falkous über Mclusky und Future Of The Left.

Die ersten Future Of The Left-Auftritte fanden seinerzeit inkognito statt, um sich von ihren vorherigen Bands zu distanzieren. Warum?
Wir wollten beim Neuanfang einfach Spaß haben und keinem Erwartungsdruck ausgesetzt sein. Es fällt mir schwer, auf die Anfänge zurückzublicken, denn es ist so lange her. Future Of The Left treten ja schon seit über zwölf Jahren live auf. Unsere Geschichte erstreckt sich über eine ganze Dekade hinaus.
Ich schätze, sofern ein Mitglied zuvor in einer relativ erfolgreichen Band war, erwarten die Leute einiges. Eine neue Band wird nicht mit derselben Power agieren wie die alte, weil sie noch keine schlechten Angewohnheiten entwickelt hat. Und diese – ich meine schlechte Rock’n’Roll-Angewohnheiten – machen eine gute Liveshow aus.

Mclusky sind immer noch sehr beliebt. Hätten Sie je gedacht, dass Sie einen guten Eindruck bei den Fans hinterlassen würden?
Nein, um ehrlich zu sein. Es machte Spaß, Teil dieser Band zu sein. Irgendwie bedauere ich es auch etwas, dass es nicht weiterging. Wir waren insbesondere in Deutschland erfolgreich. Unser zweites Album kam da sehr gut an. Was man von unserem dritten nicht sagen konnte. Aber da muss man wieder die legendäre deutsche Ehrlichkeit lieben. Die Leute kamen auf uns zu und sagten: „Euer neues Album ist ja nicht so gut, aber wir mögen euch dennoch.“ Ich erkenne den Pragmatismus dahinter. (lacht)
Ich bin jedenfalls stolz auf Mclusky. Meine Erinnerungen daran sind nicht so gut, wie sie sein könnten. Die zwei Jungs, mit denen ich die Band startete, sind feine Menschen. Aber manchmal war es schwierig, und ich machte mir mehr Sorgen darüber, wie ich die Band auf die nächste Bühne bekomme und motivieren kann, als ich es genießen konnte, Teil von ihr zu sein. Das kenne ich von Future Of The Left nicht.

„The Peace & Truce Of Future Of The Left“, das im vergangenen April veröffentlichte fünfte Future Of The Left-Album, wurde als das „möglicherweise basslastigste Album des Jahres“ bezeichnet. Fühlen Sie sich geschmeichelt?
(lacht) Immer wenn Julia beim Mixen dabei ist, schiebt sie den Bassregler weiter nach oben. (lacht). Ich bin kein Bassist, obwohl ich die Basslinien schreibe. Aber ich liebe den Bass – ganz in der Tradition der großartigen Bands The Birthday Party und The Jesus Lizard. Bei denen ist es üblich, von einem mächtigen Basssound überschwemmt zu werden.
Ich werde das gleich Julia weitersagen. Sie wird sich sehr freuen, auch wenn das Zitat nicht von Ihnen stammt. Sie hat kürzlich ein Soloalbum veröffentlicht, auf dem u.a. Frank Black singt. Sie schickte mir vorab den Mix eines Songs zu. Der Bass war so laut, dass ich sie gleich anrief und warnte, sie würde damit womöglich EU-Regularien verletzen. Es klang so, als würde man einem Bass hören und ganz weit hinten würde zusätzlich eine Rockband spielen. (lacht)

Wie alt sind Sie eigentlich?
41 Jahre. Genauso alt wie Julia, mit der ich verheiratet bin. Wir erwarten übrigens unser erstes Kind. In vier Monaten ist es so weit. Julia ist so unglaublich Rock’n’Roll-besessen. Sie stammt aus Melbourne und wollte, dass wir in Australien touren. Zu dem Zeitpunkt wäre sie in der 33. Woche schwanger, also etwa anderthalb Monate vor der Geburt. Das konnten wir ihr gerade noch ausreden. Bei den jetzt anstehenden Europashows ist sie wiederum dabei. Unser kleines Mädchen kriegt von daher sehr viel Musik zu hören, bevor es auf die Welt kommt, um diese zu retten. (lacht)

Können Sie von der Musik leben?
Nun, es geht so. Ich habe nicht nur Future Of The Left, sondern auch mein Soloprojekt Christian Fitness, mit dem ich regemäßig Musik veröffentliche. Außerdem bin ich Autor. Ich sitze gerade an meinem ersten Roman, der hoffentlich dieses Jahr erscheinen wird. Davon ab habe ich bis dato einige Jobs nebenher gemacht. Ich wäre fast einmal Totengräber geworden, hatte aber das Inserat missverstanden und bin kein großer Marilyn Manson-Fan. (lacht)

Wovon handelt der Roman?
Er ist in Deutschland während des Zweiten Weltkriegs angesiedelt. Was natürlich sehr ungewöhnlich für einen Roman ist. Aber aufgrund des Plots konnte es nur dort sein. Ich versuchte, einen anderen Handlungsort zu finden, landete jedoch in Hamburg. Es ist mehr ein Familien-, denn Kriegsdrama. Der Titel stammt von dem gleichnamigen Future Of The Left-Song „Beneath The Waves An Ocean“. Derzeit suche ich einen Verlag und hoffe, obwohl ich nicht Bono bin, als relativ profilierter Musiker bei einem Verlag einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Kai Florian Becker (Januar 2017)