Metallica: Hardwired… To Self-Destruct

Über Metallica zu lästern, ist ein Leichtes. Gründe dafür gibt es gleich mehrere: Der nach Meinung vieler Fans unsympathische und mittelmäßige Schlagzeuger Lars Ulrich. Die zahlreichen musikalischen Enttäuschungen seit dem 1988er Album „… And Justice For All“ (Oder doch schon seit „Masters Of Puppets“ von 1986, dem letzten Album mit dem legendären Bassisten Cliff Burton?) Die in der Doku „Some Kind Of Monster“ zur Schau getragenen, teils peinlichen Bandquerelen. Und nicht zuletzt James Hetfields jüngste Äußerungen, er genieße es, in seiner Freizeit Tiere zu jagen: „Das ist etwas zutiefst Befriedigendes. Je näher ich dem Tod komme, desto lebendiger fühle ich mich.“ Puh, das muss erst mal verdaut werden.

Wer trotzdem der Band noch nicht überdrüssig ist, dürfte Gefallen an dem Doppelalbum „Hardwired… To Self-Destruct“ (Virgin EMI/Universal) finden. Das erste Studioalbum in acht Jahren ist wirklich gut. Metallica können noch gute Songs schreiben, in denen sie nicht versuchen, härter als die härteste Band zu klingen. Die ersten Songs – „Hardwired“, „Atlas, Rise!“, „Now That We’re Dead“ und „Moth Into Flame“, dessen Text vom Schicksal der 2011 verstorbenen Sängerin Amy Winehouse inspiriert wurde – klingen tadellos. Die Balance aus Melodie und Härte stimmt. Das Midtempo-Stück „Dream No More“ nimmt dann erstmals das Tempo raus, bevor die halbgare Halbballade „Halo On Fire“ die erste CD abschließt.

Auch die zweite CD bietet keine herben Enttäuschungen. Das abwechslungsreiche „ManUNkind“, „Am I Savage“ und „Here Comes Revenge“, das allerdings ein paar banale Textstellen wie „You ask forgiveness, I give you sweet revenge“ und „Here comes revenge, just for you / Revenge, you can’t undo / Revenge, is killing me / Revenge, just set me free / Eye for an eye, tooth for a tooth“ beinhaltet, bestätigen den positiven Eindruck, den der erste Teil des Albums hinterlassen hat. Gute, nicht zu lange Gitarrensoli, viel Tempo und Esprit machen dieses Metallica-Album zu einem der besten seit einer gefühlten Ewigkeit.

Okay, es hätten nicht stolze zwölf Songs sein müssen, von denen das Gros auch noch länger als sechs Minuten dauert. Und an Metallicas Schlagzeug-Sound gibt es auch diesmal etwas zu meckern, denn in dem rasanten und anfangs vielversprechenden Speed Metal-Kracher „Spit Out The Bone“ klingt die Bassdrum zeitweise so, als springe jemand auf einen pitschnassen Putzlappen. Außerdem erinnert das „Hardwired… To Self-Destruct“-Artwork sehr verdächtig an Crowbars 1998er Album „Odd Fellows Rest“. Metallica bieten einem also noch Angriffsflächen, sie machen zugleich in musikalischer Hinsicht vieles endlich wieder richtig.

Kai Florian Becker (November 2016)