Anlässlich der Veröffentlichung ihres Debütalbums hieß es bei „Spiegel Online“ über Isolation Berlin, dass dem Quartett „das Unwahrscheinliche“ gelinge, nämlich „große, sehnsuchtsvolle, traurige und wütende Gefühlsmusik, die sich jedem Trend entzieht“. Das ist eine treffliche Umschreibung für die Musik der jungen Berliner. Ich sprach mit Sänger und Gitarrist Tobias Bamborschke.
Gitarrist Max Bauer und Sie lebten in Berlin in einer Wohngemeinschaft. Existiert diese noch?
Die WG existiert noch, aber Max wohnt nicht mehr hier, sondern mit seiner Freundin zusammen. Ich teile mir die Wohnung mit unserem Gestalter Yannick Riemer. Für ein halbes Jahr hatte auch unser Bassist hier gelebt; ebenso unser Fotograf. Es ist sozusagen eine geschichtsträchtige Wohnung. Außer dem Schlagzeuger haben alle schon mal in ihr gewohnt.
Sind Band und WG als soziale Gefüge vergleichbar?
Naja, Mitmusiker sucht man sich meist sorgfältiger aus als Mitbewohner. Das ist wohl der Hauptunterschied. Und in der Band tauchen nicht Probleme auf wie „Wer hat den Kühlschrank leer gefressen?“ oder „Wer hat das Klo versaut?“.
Es wurde also nie zum Problem, in der Freizeit zusammen zu musizieren und im Privaten die Wohnung zu teilen?
Max und ich waren ja erst einmal nur zu zweit und lebten schon drei Jahre zusammen, ohne eine Band zu haben. Wir hatten eh immer alles zusammen gemacht. Von daher war es sehr praktisch. Wenn ich eine Songidee hatte, ging ich einfach ein Zimmer weiter und fragte ihn nach seiner Meinung. So entstanden unsere ersten Songs „Alles grau“ und „Lisa“. Das war total super.
Ihre Band hat einen Gestalter, der für die Videos, Poster und T-Shirts verantwortlich ist, und einen festen Fotografen. Wie wichtig ist Ihnen das Visuelle?
Gestaltung kannst du nie kaputt machen. Von daher ist sie uns extrem wichtig. Wir hatten Glück, dass wir von Anfang an großen Wert auf das Gestalterische legten. Früher zeichnete ich noch die Plakate. Doch bald kamen Yannick und unser Fotograf hinzu. Wir hatten also nie Probleme damit, eine gute Gestaltung zu haben.
Ich kann mich auch nicht in eine Platte verlieben, wenn mir die Gestaltung nicht gefällt. Es gibt auch gute Bücher, die einen nerven, wenn diese furchtbar ist. Dann lieber ein Buch ganz ohne Gestaltung.
Sie haben angeblich eine Schauspielausbildung absolviert, stimmt das?
Ja. Ich hatte früher schon in Bands gespielt und gesungen. Ich sah in mir immer mehr einen Geschichtenerzähler denn einen Mucker oder Sänger. Die Uni hätte mich bei meinem schrecklichen Gitarrenspiel nie und nimmer angenommen. Also überlegte ich, was dem Singen am nächsten kommt. So kam ich auf die Schauspielerei. Derzeit spiele ich nicht; die Arbeit mit der Band geht vor. Aber ich fange gerade an, ein Drehbuch zu schreiben. Die Grenzen verschwimmen da für mich: Ich treffe nicht die Entscheidung, nur Sänger oder Musiker oder nur Schauspieler oder Schriftsteller zu sein.
Wie sehr sind Sie auf der Bühne auch Schauspieler?
Ich bin Tobias. Was ich durch das Schauspielern mitnehme ist, dass ich die Geschichten, die ich erzähle, auf der Bühne wieder emotional hervorholen kann. Als Schauspieler sollte man genau das lernen: echte Emotionen zuzulassen und in den Körper gehen zu lassen.
Kai Florian Becker (Juni 2016)