Powerwolf: Hefte raus, Klassenarbeit!

Mitte April wurde der nationalen und internationalen Musikpresse in Saarbrücken erstmals das neue Album der saarländischen Metal-Band Powerwolf vorgestellt. Das erscheint erst in der zweiten Juli-Hälfte, doch die Werbetrommel wird jetzt schon gerührt.

„Ich gehe davon aus, dass ‚Preachers Of The Night‘ in die Top Ten der deutschen Albumcharts einsteigt“, erklärte Andy Siry im Vorfeld der Listening Session n der Deutschherrenkapelle. Seine Erwartungen sind hoch. Aber wohl nicht zu hoch, nachdem Powerwolf mit dem Vorgänger „Blood Of The Saints“ Platz 23 erreicht hatten. Das war 2011. Seit jenem Jahr managt Siry, ein langjähriger Kenner der Szene, die vier saarländischen Musiker und ihren holländischen Schlagzeuger. Er ist davon überzeugt, dass ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist.

Powerwolf sind langsam, aber stetig gewachsen. Sie haben seit 2003 vom Saarland aus Schritt für Schritt einen Großteil der (inter)nationalen Metalszene erobert. Ihre Facebook-Website zählt über 32.000 Fans. Sie sind in Brasilien ebenso bekannt wie in Russland. Im Sommer werden sie auf den größten europäischen Metal-Festivals gastieren. Dazu zählt auch das berühmte „Wacken Open Air“ – diesmal aber auf der Hauptbühne zur besten Spielzeit. Das kommt einem Ritterschlag gleich.

Das nächste Kapitel ihrer Geschichte trägt den Titel „Preachers Of The Night“ und war am Samstagnachmittag in der historischen Deutschherrenkapelle erstmals zu hören. Vor der Johann-Christian-Bach-Orgel waren zwei große Lautsprecher aufgebaut, über die die elf brandneuen Songs in perfekter Klangqualität abgespielt wurden. Zuvor bat Manager Siry alle Anwesenden, keine Fotos zu machen. Denn Powerwolf sei eine „Image-Band“ – jedes Foto, jede Grafik könne erst nach Freigabe durch das Management oder die Band abgedruckt werden. Auch seien ausschließlich die Künstlernamen der Musiker zu nennen. Danach verteilte er zwei Zettel: auf dem einen sollte jeder für sich Anmerkungen zu den Songs und auf dem anderen einen ersten Gesamteindruck des Albums notieren. Letzteren sammelte Siry nach der Listening Session wieder ein, um die medienwirksamsten Zitate an die Marketingabteilung und den Vertrieb weiterzuleiten. Das Ganze hatte was von: „Hefte raus, Klassenarbeit!“. Aber wer erfolgreich und professionell arbeiten will, der darf eben nichts dem Zufall überlassen. Davon ab ist dieses Vorgehen bei den größeren Metal-Bands seit längerem üblich.

Unter den ersten, die „Preachers Of The Night“ hören durften, waren Vertreter der wichtigsten deutschen Metal-Zeitschriften „Metal Hammer“, „RockHard“ und „Legacy“ sowie vom französischen „RockHard“ und dem belgischen Magazin „Rock Tribune“. Während die Songs liefen, wurden eifrig Notizen gemacht, um Informationen für die am Abend angesetzten Interviews zu sammeln und den Magazinen einen fundierten ersten Höreindruck zu übermitteln. Unzufrieden war nach der knappen Stunde Metal-Beschallung niemand. Powerwolf können nach einem Jahr intensiver Albumarbeit zufrieden sein. „Preachers Of The Night“ ist ein „extrem druckvolles, temporeiches und bombastisches Album. Produktion, Songwriting und Gesang gehen Hand in Hand – und das auf höchstem Niveau“, schrieb der Autor dieser Zeilen auf seinen zweiten Zettel. Ob das die anderen Kritiker ebenfalls so sehen, wird sich in einigen Wochen zeigen, wenn ihre Rezensionen veröffentlicht sind.

Kai Florian Becker (April 2013)