Red Hot Chili Peppers: I’m With You

Sie sagen, sie seien nach der zweijährigen Pause und dem Wechsel an der Gitarre (Josh Klinghoffer kam für John Frusciante) eine runderneuerte Band. Wer das glaubt, den besucht alljährlich noch der Osterhase und der Weihnachtsmann.

Seit dem Tode von Hillel Slovak hatte der Gitarrist bei Red Hot Chili Peppers stets die Außenseiterrolle. Sei es der stille John Frusciante, der zwei Mal bei ihnen einstieg (1988 und 1998), der exzentrische Dave Navarro, der mit Jane’s Addiction bekannt wurde, oder jetzt Frusciantes Kumpel Klinghoffer. Ergo ist die Schlussfolgerung, Letztgenannter hätte der Band zu mehr Feuer und Esprit verholfen, falsch. Klinghoffer steht in der Bandhierarchie ganz unten. Ähnlich ist es bei Metallica, wo seit dem Tode von Cliff Burton anno 1986 der Bassist das geringste Mitspracherecht hat und mitunter gar mies behandelt wird (siehe Jason Newstedt). Das Red Hot Chili Peppers vorzuwerfen, ginge jedoch zu weit.

Nicht aber zu behaupten, dass “I’m With You” (Warner) ein erschreckend schwaches Chili Peppers-Werk ist. Die “Süddeutsche Zeitung” sprach zu Recht von einer amtsmüden Band. Um den Titel wörtlich zu nehmen: Es wird nicht ganz klar, auf welcher Seite die Kalifornier stehen. Bestimmt nicht auf der ihrer älteren Fans. Die Mainstream-Medien können noch so oft die Großartigkeit dieser Band heraufbeschwören und runterbeten, wie toll all ihre Platten sind – das unsägliche Doppelalbum “Stadium Arcadium” wird jetzt sogar als gut bezeichnet. Das ändert nichts daran, dass “I’m With You” eine herbe Enttäuschung ist. Das letzte makellose Chili Peppers-Album war “Blood Sugar Sex Magik”. 1991 spielten sie sich mit “Give It Away”, dem Radio-Dauerbrenner “Under The Bridge” und “Breaking The Girl” in die Herzen unzähliger Fans.

Diesmal ist bereits die erste, mit viel Tamtam angekündigte Single “The Adventures Of Rain Dance Maggie” der absolute Reinfall. So bitter es für die Fans klingen mag: Das Feuer ist bei Anthony Kiedis, Flea, Chad Smith und Klinghoffer seit langem erloschen. Es bedarf schon viel Geduld, das Album nicht vorzeitig aus dem CD Player zu werfen. Wer durchhält wird wenigstens mit der wunderschönen Ballade “Police Station” entlohnt, die an elfter Stelle kommt. Zuvor weiß “Brendan’s Death Song” einigermaßen zu gefallen; ebenso “Did I Let You Know”. Aber das auch nur aus der Not heraus, weil nichts Besseres zur Hand ist. Akzeptabel ist auch das allerletzte Stück “Dance Dance Dance”. Doch am Ende bleibt ein für diese einst so kreative und wegweisende Band ein vernichtendes Urteil. “I’m With You” ist wie ein delikates Rumpsteak oder Kobe-Rinderfilet, das allerdings bei voller Hitze eine halbe Stunde pro Seite durchgebraten wurde und als zäher und fader Lederlappen auf den Teller kommt.

Kai Florian Becker (August 2011)