Es gibt Gesprächspartner, denen muss man jedes Wort aus der Nase ziehen. Es gibt andererseits solche, denen stellt man eine verhältnismäßig einfache Frage und sie halten einen zehnminütigen Monolog. Zu letzteren zählt Jason Collett, Studiomusiker des hoch geschätzten kanadischen Indierock-Kollektivs Broken Social Scene. Er gastiert diese Woche in der „Sparte4“. Mit im Gepäck hat der in Toronto lebende Singer-Songwriter sein fünftes Soloalbum „Rat A Tat Tat“. Kai Florian Becker sprach mit Collett – allerdings nicht über Musik.
Sie haben vier Kinder, arbeiten im Studio mit Broken Social Scene und sind zudem ein fleißiger Solmusiker, der stetig Songs schreibt und öfters auf Tournee ist. Wie kriegen Sie Ihre Karriere mit der Rolle des Vaters unter einen Hut?
Collett: „Diese Frage solltest du besser meiner Frau stellen. (lacht) Es ist knifflig – wie für jeden, der heutzutage Kinder groß zieht und arbeitet. Meine Zeit ist aber anders aufgeteilt. Ich bin nicht von 9 bis 17 Uhr auf der Arbeit. Ich verbringe viel Zeit mit den Kindern, koche für sie und arbeite von Zuhause aus. Das genieße ich. Ich bin immer nur kurze Zeit unterwegs. Wenn ich an einem Album arbeite, bin ich nahezu das ganze Jahr daheim. Sonst hat mich bei einer Europatournee eine ganze Band begleitet, was viel kostet. Daher mussten wir fünf Wochen touren. Diesmal komme ich allein und bleibe daher auch nicht so lange, fliege heim und komme nach anderthalb Monaten wieder. Man muss sich die Zeit gut einteilen. Ich möchte nicht nur über beim Vaterdasein reden, aber was mich wirklich stört an der aktuellen Erziehungskultur ist, wie schlecht es um sie bestellt ist. Meine zwei älteren Kinder aus erster Ehe habe ich bekommen als ich in meinen Zwanzigern war. Ich war zu dumm und zu pleite, um sie professionell zu erziehen. Ich weiß nicht, wie es in Deutschland um die Erziehung bestellt ist, aber hier ist es ganz schlimm.“
Inwiefern?
Collett: „Die Erziehung verdrängt alles andere im Leben. Die Eltern können nicht mehr über was anderes reden. Das ist nicht gut. Es wäre doch besser, wenn ihre Kinder sehen, dass sie sich mit dem Weltgeschehen befassen. Natürlich verlange ich große Opfer von meiner Familie, wenn ich auf Tour gehe. Und wenn ich zuhause bin, lebe ich oft in einer anderen Welt. Ich habe eben ein Künstlerhirn. Das kann nerven. Aber meine Kinder haben ein Gespür dafür, dass ich nicht nur Vater bin. Ich hoffe, dass sie mein Lebensstil inspiriert und erkennen, dass wenn sie etwas erreichen wollen und ihnen etwas bedeutet, das gewisser Opfer bedarf. Ende meines Geschwafels. (lacht)“
Kai Florian Becker (Februar 2011)