Selten hatte Olivier Toth, der Manager der Rockhal, bei Konzerten Ohrenstöpsel tragen müssen. Doch für den Auftakt der Welttournee der Chemical Brothers musste auch er zum Schutz für seine Gehörgänge greifen.
Denn die beiden Electro-Musiker und -DJs Ed Simons und Tom Rowlands drehten ihre Lautstärkeregler anscheinend bis zum Äußersten auf. Zumindest hörte und fühlte es sich so an. Bei einigen Beatsalven zitterte einem in der mit 4.000 euphorisierten Fans gefüllten Rockhal nicht nur das Hosenbein – der ganze Körper vibrierte im Rhythmus. Sogar der Fluss des Blutes in den Adern schien sich dem Takt der Musik angepasst zu haben – etwa bei „Hey Boy Hey Girl“. Hier waren die Bässe unglaublich heftig und druckvoll.
Eröffnet wurde das Konzert mit einem hypnotischen Intro, gefolgt von „Galvanize“. Dessen orientalische Klänge und satten Beats kombiniert mit einer Lichtsäule, die sich von der Hallendecke bis knapp über die Köpfe der beiden Protagonisten, die sich hinter einer Wagenburg aus elektronischen Gerätschaften verschanzt hatten, absenkte, bescherten einem gleich zu Beginn die erste Gänsehaut. Die nächste überraschte einen bereits mit dem zweiten Song, „Do It Again“. Auf einer riesigen LED-Leinwand tanzten zwei Figuren synchron zu dem betörenden Rhythmus. Später erschien ein riesiger grimmig dreinschauender Clownskopf, der den Refrain sang. Zu diesem Zeitpunkt war die Big Beat/Rave-Party bereits in vollem Gange. Die Besucher zappelten im Takt mit und waren teils außer sich vor Freude.
Die aufpeitschenden Songs, die sagenhafte Lichtshow und die überdimensional große Videoleinwand, auf der unter anderem mit Farbe gefüllte Ballons explodierten oder auch virtuelle Kamerafahrten durch eine gezeichnetes animiertes Modell einer Kirche zu sehen waren – das alles ergab ein restlos stimmiges Konzept. Auf der einen Seite wären The Chemical Brothers ohne die vielen visuellen Effekte nur halb so gut gewesen. Auf der anderen Seite muss man dem Duo und ihrer Crew attestieren, dass das Visuelle stets im perfekten Einklang mit der Musik war – und das auf die Sekunde genau. Insofern feierte die Rockhal verdientermaßen die zwei Herren aus Manchester und feierte ausgelassen einen äußerst gelungenen Tourstart.
Kai Florian Becker (Januar 2011)