Editors: Freundschaft über alles

Auf ihrem Debütalbum “The Black Room” kokettierte die aus Birmingham stammende Band Editors mit dem Sound von Joy Division, Echo And The Bunnymen und auch Interpol. Fünf Jahr später fürchtete das Quartett, in einer Sackgasse zu enden und wandte sich auf seinem dritten Album “In This Light And On This Evening” elektronischen Klangwelten zu. Eine gewagte, aber überlebensnotwendige Maßnahme, wie Schlagzeuger Edward Lay im Gespräch erklärt.

Sie alle hatten “Music Technology” an der Stafford University studiert, bevor sie Editors gründeten. Haben Sie während des Studiums etwas gelernt, das Ihnen heute als professioneller Musiker weiter hilft?
“Ehrlich gesagt: Nein. Wir wollten sowieso keine Toningenieure, höchstens vielleicht Produzenten werden. Zumindest hatten wir die Zeit und die Möglichkeit, eine Band zu gründen. Da wir uns täglich im Unterricht sahen, konnten wir uns sehr gut kennenlernen, bevor wir wochenlang im Tourbus aufeinander hocken mussten. Doch was uns auf der Universität vermittelt wurde, hilft uns heute im Musikgeschäft nicht wirklich weiter.”

Stimmt es, dass Sie zu Beginn Ihrer Karriere als Verkäufer in einem Schuhgeschäft arbeiteten?
“Ja, Chris (Urbanowicz, Gitarrist) und ich verkauften im gleichen Laden Schuhe. Das war eine ganz spezielle Erfahrung. Ich vermied es so weit wie möglich, anderer Leute Füße zu berühren. Es hat aber Spaß gemacht. Chris und ich waren ein gutes Team. Und wir haben einige sehr interessante Menschen kennen gelernt. Letztlich muss man halt irgendeinen Job haben, um sich ein Leben mit der Band zu finanzieren.”

Was sind Ihre Lieblingsschuhe beim Schlagzeugspielen?
“Ha, das sind natürlich Converse All Stars, die Klassiker überhaupt. Das liegt einfach an der dünnen, sehr flexiblen Sohle. Man spürt die Pedale gut. Mensch, jetzt reden wir tatsächlich über Schuhe…”

Okay, Themawechsel: Wann hatten Sie den Punkt erreicht, von dem an Sie von der Musik leben konnten?
“Nachdem wir den Plattenvertrag unterschrieben hatten und die ersten Tourneen anstanden, mussten wir unsere Jobs aufgeben. Welcher Arbeitgeber lässt dich schon wochenlang die Welt bereisen und stellt dich danach wieder an? So mussten wir einen Weg finden, irgendwo zu wohnen, ohne Geld auszugeben. Ich kam im Elternhaus von Russell (Leetch, Bassist) unter. Wahrscheinlich ging ich ihnen gehörig auf die Nerven, doch sie waren stets locker und nett zu mir. Es dauerte eine Weile, bis wir genug Geld verdienten. Letztlich haben wir jetzt erst den Punkt erreicht. Dennoch lief es gut für uns; wir hatten viel Glück, aber auch enorm viel Arbeit in die Band investiert. Wir sind dankbar, dass wir uns diesen Traum erfüllen durften.”

Hatten Sie denn den Wunsch, professioneller Musiker zu werden?
“Oh ja. Ich hätte nur nicht gedacht, dass sich dieser jemals erfüllen würde. Vielleicht ist das Geheimnis, dass die Band auf einer sehr engen Freundschaft zwischen uns Vier basiert.”

Insofern wäre es ein Schock, wenn jetzt jemand aussteigen würde?
“Vor einigen Monaten hatten wir uns darüber unterhalten, was wir im Fall der Fälle machen würden. Ich kann ehrlich gesagt nicht prophezeien, was passieren würde. Man weiß nie, was und wie es kommt.”

Sie erwähnten bereits, dass Sie eine enge Freundschaft verbindet. Mittlerweile leben Russell und Chris in New York, Sänger Tom Smith in London und Sie in Birmingham. Wie passt das zusammen?
“Man braucht auch mal Abstand voneinander. Ohne die Auszeiten könnte die Band nicht existieren. Dann wären wir ja Maschinen. Man muss zudem neue Erfahrungen sammeln, damit die Musik auch weiterhin frisch und interessant klingt. Ich reise nicht nur mit der Band viel, sondern auch privat. Ich glaube, dass all die verschiedenen Orte, an denen wir leben, sich in dem neuen Album wiederspiegeln.”

Ist es dadurch nicht schwierig geworden, Band-Meetings zu arrangieren?
“Die brauchen wir gar nicht. Letztlich lassen wir alles unser Management regeln. Die Leute kennen wir vom ersten Tag an und sind mittlerweile ebenfalls eng mit uns befreundet.”

Freundschaft scheint Ihnen sehr wichtig zu sein.
“Absolut. Das gilt nicht nur für die Band und das Management, sondern auch für unsere Booking-Agenten, die PR-Leute und natürlich unsere Livecrew, die uns seit Jahren begleitet. Wir arbeiten so hart, da muss das Umfeld stimmen.”

Das neue Editors-Album, “In This Light And On This Evening”, klingt anders als seine beiden Vorgänger: elektronischer. Wie kam das?
“Als wir uns die ersten Male trafen, um neue Songs zu schreiben, hatten wir das Gefühl, uns selbst zu kopieren. Wir waren wenig begeistert und uns schnell einig, dass es Veränderungen geben musste. Eine Möglichkeit bestand darin, anderes Equipment zu benutzen – beispielsweise einen Sampler. Ich würde nicht mal sagen, dass ‘In This Light And On This Evening’ ein elektronisches Album geworden ist – eher ein mechanisches.”

Ohne diese Veränderungen wären Sie in einer Sackgasse gelandet?
“Auf jeden Fall. Wir wollten weder uns noch andere anöden. Das wäre dumm gewesen. Ich bin mir nicht sicher, ob unsere Fans von uns erwarten, dass wir unserem Stil immer treu bleiben. Ich glaube, sie verändern sich und wachsen mit uns. Wir wollen sie keinesfalls enttäuschen.”

Allerdings schrieb Tom just, dass dieses Album vielen Fans vor den Kopf stoßen und die Meinungen spalten werde. Wie fielen bis dato die Reaktionen aus?
“Wir absolvieren gerade die zweite UK-Tournee mit den neuen Songs. Beim ersten Mal blickten wir von der Bühne in sehr kritische Gesichter. Jetzt ist es schon besser. Die Konzerte sind intensiv, die Fans gelöster. Es sind jetzt auch viel dynamischere Shows, weil wir öfters die Instrumente wechseln und neue Klänge hinzugekommen sind.”

Trotz der kritischen Fans schaffte es “In This Light And On This Evening” auf Platz eins der UK-Charts.
“Stimmt. Ich weiß nicht, ob wir das erwartet haben. Über so etwas machen wir uns wenig Gedanken. Das Album ist jedenfalls rund: Die Songs passen zusammen, und es gibt einen roten Faden. Überrascht war ich dennoch über die Chartplatzierung. Wobei es auch schnell wieder von Platz eins verschwand. (lacht)”

Kai Florian Becker (Mai 2010)