Gorillaz: Plastic Beach

Bands bestehen mal aus nur einer Person, einem schier unübersichtlichen Kollektiv an Musikern oder auch aus fiktiven Personen. Bei Gorillaz trifft alles irgendwie zu. Die Person, die alleinverantwortlich für die Musik ist, hört auf den Namen Damon Albarn. Sein “Bandkollege” Jamie Hewlett ist fürs Grafische zuständig. Denn eigentlich sind Gorillaz vier Comicfiguren namens 2D, Murdoc Niccals, Noodle und Russel Hobbs. Das Kollektiv wiederum ist im Fall des aktuellen Albums “Plastic Beach” eine Heerschar an Gästen. Zu denen zählen die HipHop-Ikonen Snoop Dogg, Mos Def und De La Soul, Bobby Womack, Lou Reed, The Lebanese National Orchestra For Oriental Arabic Music, Gruff Rhys, Frontmann der walisischen Rockband Super Furry Animals, Mark E. Smith (The Fall) und die ehemaligen The Clash-Musiker Mick Jones und Paul Simonon. Letztgenannte haben dem Hörensagen nach dank Albarn zum ersten Mal seit dem Ende ihrer Band wieder gemeinsame Sache gemacht. Allein dafür sollten viele Musikfans dem Gozillaz-Kopf dankbar sein. Von der Musik auf “Plastic Beach” ganz zu schweigen.

Albarn scheinen nicht Ideen für tolle Popsongs ausgehen zu wollen. Dabei ist er seit Jahren äußerst umtriebig – sei es mit Blur, solo, mit der Allstar-Band The Good, The Bad & The Queen, als Mitinitiator und Komponist des Bühnenstücks “Monkey: Journey To The West” oder eben mit Gorillaz. Umso erstaunlicher, wie gut und zugleich abwechslungsreich “Plastic Beach” geworden ist.

Albarn tobt sich nach Belieben im globalen Musikarchiv aus, springt von einem Genre zum nächsten und hat auf diese Weise ein intelligentes, nahezu unwiderstehliches Stil-Potpourri ersonnen. Er hat mit unterschiedlichsten Gästen 80er Pop, Electro, HipHop, Disco, Psychedelica, Easy Listening und Weltmusik frech kombiniert und doch immer homogene Songs aus seinem Hut gezaubert. So nölt jetzt Rocklegende Lou Reed in dem lässigen Electropop-Ohrwurm “Some Kind Of Nature”. Die beiden Clash-Veteranen mischen in dem futuristisch-naiven Titelsong mit. Mark E. Smith taucht in der genialen, psychedelischen Disco-Nummer “Glitzer Freeze” auf. Und der wieder zu alter Stärke gefundene Rapper Mos Def tritt in “Stylo” zum Duell mit der Soul/Funk-Legende Bobby Womack an. Angeblich soll Letzterer beim Einsingen seines Parts im Studio ohnmächtig geworden sein. Mos Def habe indes über seinen zweiten Auftritt auf “Plastic Beach”, in “Superfast Jellyfish”, gesagt, dies sei mit das Beste, was er als Rapper je gemacht habe. Albarn scheint nicht nur von sich maximalen Einsatz zu fordern.

Kai Florian Becker (März 2010)