Antony And The Johnsons: The Crying Light

Einem Namen konnte man weder in den jüngsten Ausgaben deutscher Musikzeitschriften noch in den Feuilletons der letzten Wochen entkommen: Antony Hegarty. Der 1971 in Großbritannien geborene Musiker, der als Mann geboren wurde, aber auch Frau sein will (Stichwort: Transgender), ist durch und durch ein Exot. Wie er sich auf Fotos präsentiert (in schwarz gekleidet und bei wenig Licht), wie er singt (zwischen knabenhaft und androgyn) und in Bezug auf die vom ihm komponierte Musik. Dazu dann gleich mehr, denn gerade erschien mit “The Crying Light” (Rough Trade/Beggars Group/Indigo) das dritte Album von ihm und seiner Band Antony And The Johnsons. Es ist das Album nach dem internationalen Durchbruch, den er 2005 dank “I Am A Bird Now” feiern konnte.

In den Jahren dazwischen war Hegarty alles andere als untätig: Er sang mit/für Björk, CocoRosie, Lou Reed, Marianne Faithfull und sogar Herbert Grönemeyer. Zudem war er mit dem Electro/House-Projekt Hercules And Love Affair beschäftigt.

Jetzt allerdings gilt Hegartys volle Aufmerksamkeit alleinig Antony And The Johnsons. Wieder schrieb er die Songs im Alleingang, und wieder hat seine Band aus seinen Ideen packende, äußerst zerbrechliche Lieder kreiert. Meist sind Cello, Violine, Piano und Bläser für die überpräsente Melancholie und die Dramatik in den Songs verantwortlich (“Daylight And The Sun”). Ihre Klänge in Kombination mit Hegartys markanter Stimme und ihrer außergewöhnlichen Intonation machen “The Crying Light” ungemein interessant und verleiten einen dazu, ganz genau hinzuhören und sich in Ruhe den Songs zu widmen. Selbst wenn wie in “Aeon” eine E-Gitarre die Melodie vorgibt, klingt das bei Hegarty anders als bei seinen Kollegen. Seine Musik ist – um es ganz deutlich zu sagen – einzigartig. Das erkannten bereits 2005 die Juroren des renommierten britischen Musikpreises “Mercury Music Prize”, die “I Am A Bird Now” zum besten Album des Jahres kürten. “Dies ist mit keinem Album, das ich vorher oder danach gehört habe, zu vergleichen”, sagte seinerzeit ein Juror. Gleiches könnte man getrost über “The Crying Light” sagen.

Kai Florian Becker (Januar 2009)