Die Zeitmessung in der Popmusik ist gemeinhin eine andere. Elf Jahre kein neues Studioalbum zu veröffentlichen, da ist das Karriereende eigentlich schon vollzogen. Nicht so im Fall von Portishead. Ende des Monats wird deren drittes Album, schlicht „Third“ betitelt, erscheinen. Der Vorgänger „Portishead“ erblickte 1997 das Licht der Welt. Diese unendlich lange erschienene Pause war der Karriere des Trios aus Bristol erstaunlicherweise nicht abträglich. Am Sonntag gewährte die Band im ausverkauften Kölner Palladium erste Einblicke in das neue Werk. Um die Spannung nicht zu überspitzen: Es kündigt sich ein großes Album an. „Third“ klingt nach den Portishead, die in den frühen Neunzigern als Mitbegründer des Genres TripHop Furore machten, indem sie Zeitlupen-Beats mit Samples und tonnenweise Melancholie versetzten. Es klingt zudem nach einer Band, die ihre Musik weiterentwickelt hat. Neu ist etwa, dass Sängerin Beth Gibbons, die stets schüchtern und introvertiert wirkt, zur Furie werden kann. Am Ende des neuen Stücks „Threads“ sang sie nicht wie gewohnt mit ihrer rauchigen, leiderfüllten Stimme, sondern schrie ihre Wut ins Mikrofon. Ein großartiger Moment. An denen mangelte es diesem Konzert sowieso nicht. Zum einen, weil der Sound so klar und differenziert war, dass jedes noch so kleine Sounddetail herauszuhören war. Zum anderen weil neue Songs wie die erste Single „Machine Gun“ oder das an Joy Division erinnernde „We Carry On“ perfekt in eine Reihe mit den zahllosen Klassikern der Band passten. Die Rede ist von „Wandering Stars“, „Numb“, „Sour Times“ und „Glory Box“ mit der wundervollen Textzeile „Give me a reason to love you“. Es gab an diesem Abend wirklich nichts, was negativ ins Gewicht fiel. Portishead haben sich mehr als eindrucksvoll zurückgemeldet. Dies war ein Konzert für die ewige Bestenliste.
Kai Florian Becker