Cat Power: Jukebox

Songs anderer, meist bekannter Musiker nachzuspielen, muss nichts mit Verzweiflung oder Einfallslosigkeit zu tun haben. Covern kann auch Kunst sein, wie der just erschienene Soundtrack zum Bob Dylan-Film „I’m Not There“ zeigt. Oder wie jetzt aktuell Chan Marshall, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Cat Power, mit ihrem Album „Jukebox“ beweist.

Bereits im Jahr 2000 nahm Cat Power ein komplettes Album mit Coversongs auf. Das hieß schlicht „The Covers Record“. Auf dem gab sie unter anderem „(I Can’t Get No) Satisfaction“ von den Rolling Stones und „I Found A Reason“ von The Velvet Underground zum Besten. Dabei bediente sie sich lediglich ihrer unverwechselbaren, zarten wie betörenden Stimme sowie einer Gitarre und eines Pianos. Jetzt stellt sie wieder eine exquisite Auswahl an Covers vor. Auf „Jukebox“ agiert sie allerdings nicht alleine, sondern mit ihrer Live-Band, der Dirty Delta Blues Band, der Jim White (Dirty Three), Gregg Foreman (Delta 72) und Judah Bauer (Jon Spencer’s Blues Explosion) angehören. Dazu gesellten sich Gäste wie der frühere Chavez- und Zwan-Gitarrist Matt Sweeney, der im Singer/Songwriter-Metier bereits mit der Underground-Ikone Bonnie „Prince“ Billy kooperierte (auf dem Album „Superwolf“ von 2005 nachzuhören).

Was „Jukebox“ betrifft, so hat es selten so viel Spaß gemacht, Neuinterpretationen zu lauschen. Cat Power hat die Originale auf das Wesentliche reduziert, sie aus dem musikalischen Zusammenhang gerissen und in ihr eigenes Klangreich entführt. So erscheint Frank Sinatras „New York, New York“ in ganz neuem Licht: Statt Rat Pack-Ballsaal-Grandezza ist karger Singer/Songwriter-Blues angesagt. Schon beim ersten Lied wird deutlich: „Jukebox“ ist kein Lückenfüller, um die Zeit bis zum nächsten regulären Studioalbum zu überbrücken. Bei weitem nicht. Zu Sinatra gesellen sich Hank Williams („Ramblin‘ Man“, hier in „Ramblin‘ (Wo)man“ umgedichtet), James Brown („Lost Someone“), Cat Powers großes Vorbild Bob Dylan („I Believe In You“) sowie Janis Joplin („Woman Left Lonely“). Sie, Cat Power, nahm auch einen eigenen Song neu auf: „Metal Heart“ vom 2002er Album „Moon Pix“. Und obendrein präsentiert sie mit der Ballade „Song To Bobby“ einen neuen. Auf einer Bonus-EP, die der limitierten Version des Albums beiliegt, gibt es fünf weitere Coversongs zu hören: u.a. von Nick Caves „Breathless“ und Roberta Flacks „Angelitos Negros“. Ein jeder ist großartig.

Cat Power ist in vielerlei Hinsicht eine außergewöhnliche Musikerin: hübsch, hingebungsvoll, unberechenbar, einfallsreich und mit großem songschreiberischem Talent gesegnet. Viele Gründe also, sie zu mögen.

Kai Florian Becker