In den letzten beiden Jahren musste Ozzy Osbourne die gemeinsame Tournee mit Judas Priest aus gesundheitlichen Gründen zwei Mal verschieben. Erst sollte sie Anfang 2019, dann Anfang 2020 stattfinden. Nunmehr ist sie für November/Dezember angedacht. Im Januar erklärte er dann, an Parkinson erkrankt zu sein. Dabei hatte er in den vergangenen Monaten bereits mit einer Lungenentzündung und den Folgen eines Sturzes zu kämpfen. Umso erfreulicher ist es bei diesen Negativschlagzeilen, dass er mit „Ordinary Man“ (Sony Music) das erste Album seit 2010 („Scream“) veröffentlicht hat.
Im Verlauf seiner Solokarriere, die mit seinem Ausstieg bei Black Sabbath begann, hatte er ausschließlich herausragende Gitarristen an seiner Seite. Die Alben „Blizzard Of Ozz“ (1980) und „Diary Of A Madman“ (1981) nahm er mit dem im März 1982 tödlich verunglückten Gitarristen Randy Rhoads auf; mit Jake E. Lee entstanden „Bark At The Moon“ (1983) und „The Ultimate Sin“ (1986). Bis zum 2001er Album „Down To Earth“ war Zakk Wylde (auch Black Label Society) an der Reihe. Auf „Under Cover“ (2005) griff Alice In Chains-Gitarrist Jerry Cantrell in die Saiten, auf „Black Rain“ (2007) wieder Wylde und auf „Scream“ (2010) der Grieche Gus G. (auch Firewind). Für „Ordinary Man“ übernahm Produzent Andrew Watt das Gros der Gitarrenparts. Ihm zur Seite standen Guns’n’Roses-Gitarrist Slash und Tom Morello (Rage Against The Machine). Auch der Rest der Band war mit Bassist Duff McKagan (Guns N’Roses) und Red Hot Chili Peppers-Schlagzeuger Chad Smith neu. Gäste im Studio waren die Rapper Post Malone und Travis Scott sowie Sir Elton John.
Rapper auf einem Ozzy-Album? Warum nicht, denn „It’s A Raid“, der Song mit Post Malone, ist ein Kracher geworden: stürmisch, laut und schnell. Ozzy verlangt seinen (hörbar angeschlagenen) Stimmbändern alles ab. Malone passt sich dem Klangbild an und trägt seinen Teil zu diesem Songjuwel bei. Wohingegen die darauffolgende Ballade „Take What You Want“ mit Malone und Scott der einzige Song auf „Ordinary Man“ ist, auf den man hätte verzichten können. Er passt mit seinen modernen R’nB‘- und Trap-Einflüssen und den verfremdeten Stimmen der Gäste so gar nicht zu Ozzys sonstigen Songs.
Und der Rest? Der balladeske Titelsong, in dem Sir Elton John und auch Slash mitwirken, ist eine dieser opulenten Balladen, wie es sie schon auf anderen Ozzy-Alben gab. Daneben gibt es den wachrüttelnden Auftakt „Straight To Hell“ (ebenfalls mit Slash), den sehr abwechslungsreichen Song „Goodbye“, in dem Watt dank der Riffattacken seine Gitarrenkünste beweisen kann, den treibenden Ohrwurm „Scary Little Green Men“ (mit Morello), die Midtempo-Nummer „Eat Me“ und die Ballade „Holy For Tonight“. Es bleibt jetzt nur zu hoffen, dass Ozzy diese fast durchweg starken Songs bald live präsentieren kann.