John Dyer Baizley ist das einzig verbliebene Gründungsmitglied von Baroness. Die ist für Progressive/Sludge Metal ebenso bekannt wie für die von Baizley gezeichneten Coverbilder und die Tatsache, dass jedes Album nach einer Farbe benannt ist. Ein Gespräch mit Baizley, der mit Baroness gerade durch Europa tourt.
Herr Baizley, Sie durften in diesem Jahr das Programm für das in der Doom/Sludge Metal-Szene allseits bekannte „Roadburn Festival“ im holländischen Tilburg gestalten. War dies eine Ehre oder eine Bürde für Sie?
Es war eine riesige Ehre und ein riesiges Projekt, das ich da annahm. Es bedurfte viel Planung, viel Koordination und enorm viel weiterer Arbeit. Manchmal war es durchaus eine Last und kostete viel Energie. Aber in eine Veranstaltung dermaßen involviert zu sein, von der ich seit Jahren ein Riesenfan bin und die mich schon immer sehr inspiriert hat, war wirklich eine Ehre. Ich gab mir redlich Mühe bei der Umsetzung dieser Aufgabe.
Der Auftritt welcher diesjährigen „Roadburn“-Band hinterließ den größten Eindruck bei Ihnen?
Leider war ich auch während des Festivals sehr in die Organisation eingebunden und konnte bei all den vielen Events nur sehr wenige Shows komplett verfolgen. Ich bin mir sicher, dass ich einige komplett verpasst habe. Die Show, von der mir die meisten Leute erzählt haben und von der ich am allerwenigsten mitbekommen habe, war die der Band Magma. Es muss unglaublich gewesen sein. Ich selbst war von Disfear begeistert. Das war mit Abstand die energiegeladenste Darbietung, die ich je beim Roadburn erlebt habe. Und ich besuche das Festival seit vielen, vielen Jahren.
Kommen wir auf Baroness zu sprechen: Können Sie erklären, warum Sie bisher Ihre Alben nach Farben benannt haben?
Das ist ganz einfach: Als junge Band wollten wir simple, chronologische Titel. Daher tauften wir unser erstes Minialbum „First“ und das darauffolgende „Second“. Die Idee, mit dem Titel noch nichts über den Inhalt zu verraten, wollten wir auch bei den Alben beibehalten. Der Titel sollte aber auch gut hängenbleiben. Und er sollte so gewählt sein, dass er nicht nur eine bestimmte Gruppe von potentiellen Hörer anspricht. Ich finde sowieso, man sollte als Musiker ebenso offen sein wie sein Publikum. Da ich Künstler bin und unsere Cover entwerfe, waren Farben eine gute Wahl. So hatte ich mit dem Titel automatisch eine Farbpalette für die Gestaltung vorgegeben. Das machte es wiederum mir einfacher.
Woher kommt Ihr Interesse an der visuellen Kunst?
Ich kann gar nicht mehr sagen, wann ich ein Faible für Kunst entdeckte. Ich war jedenfalls sehr jung. Ich wuchs in Pittsburgh, Pennsylvania, auf und konnte dort und in der weiteren Umgebung sehr viele Museen und Galerien besuchen. Ich war von den Renaissance-Künstlern gleichermaßen begeistert wie von den Impressionisten. Das hinterließ wohl einen bleibenden Eindruck bei mir. Mit den Jahren entdeckte ich die Musik für mich und damit auch die Künstler, die hinter dem jeweiligen Cover und Poster steckten. Die klassischen Maler und die Coverkünstler beeinflussten mich zu gleichem Maße und formten den Stil, für den ich heute bekannt bin.
Sie zeichnen auf altmodische Art mit Stiften auf Papier. Tonaufnahmen können im Nachhinein korrigiert werden. Was aber, wenn sich ein Fehler in eine Zeichnung oder ein Gemälde eingeschlichen hat?
Was man vielleicht als Fehler erachten würde, ist einfach da. Ich korrigiere es nicht. Das gilt auch für die Baroness-Aufnahmen. Diese Unperfektheiten gehören zu meiner Kunst und zu unserer Musik dazu.
Kai Florian Becker (Juni 2017)