Seine Lesung in der „Camera Zwo“ in Saarbrücken war zwar bereits ausverkauft. Dennoch sprach ich mit dem Musiker und Autor Thees Uhlmann über dessen Debütroman „Sophia, der Tod und ich“, aus dem er am 9. März 2016
vorlesen wird.
Erst waren Sie Tomte-Mitglied, dann Solokünstler. Nun sind Sie der Buchautor Thees Uhlmann. Suchen Sie nach immer neuen Herausforderungen?
Das ist so eine Junge Union-Frage – ohne denen zu nahe treten zu wollen. Mit einer Herausforderung hat das nichts zu tun. Das hätte einen negativen Beigeschmack und klänge so, als hätte mich die Musik gelangweilt. Ich bin zu neuen Sachen immer durch Freunde und eine leichte Ahnung gekommen. Mit dem Buch war es so, dass Tobias (Kuhn, Gitarre) aus der Thees-Band sagte: „Mann, jetzt schreib doch endlich mal Dein Buch. Du willst es seit zwölf Jahren schreiben. Jetzt mach es halt.“ Da war ich in einer Bringschuld. Aber das macht mir auch Spaß. Ich schreibe ja eh ganz gerne. Es war nicht die Herausforderung, die mich reizte, sondern der Spaß daran, etwas Neues zu machen.
Wie entstand die Handlung zu „Sophie, der Tod und ich“?
Ich wusste, es würde mindestens ein Jahr dauern, das Buch zu schreiben. Das teilte ich meiner Band und meiner Lektorin mit. Dann sagte ich zu, an vier, fünf Abenden im Vorprogramm des Stand-up-Comedian Oliver Polak aufzutreten. Daraufhin musste ich innerhalb von vier oder sechs Wochen mindestens eine halbe Stunde zum Vorlesen haben. Ich überlegte, über was ich schreiben könnte und hatte ein paar Parameter: nix über Fußball, keine Popliteratur, nix über Musik oder über etwas, das offensichtlich mit mir zu tun hat. Da kam mir die Idee mit dem Tod, einem klassischen literarischen Stoff. Ich wusste, hier könnte ich auch meine eigene Sicht auf die Dinge einbringen und so Inhalt kreieren. Der Tod weiß etwa, dass er mächtig ist, macht aber in der Welt der Lebenden Dinge zum allerersten Mal. Da konnte ich auf Erfahrungen mit meiner Tochter zurückgreifen, die in den letzten acht Jahren auch immer wieder Dinge erstmals erfuhr. Ich kam schnell auf weitere Ideen: das erste Mal, wenn man großen Schmerz spürt oder den ersten Liebeskummer. Ich fragte Freunde und Bekannte, was sie davon hielten: sie fanden die Geschichte gut.
Stimmt es, dass Sie seit zwölf Jahren einen Buchvertrag haben?
Ja, das war gleich nach der Veröffentlichung des Tomte-Albums „Hinter all diesen Fenstern“. Ich hatte für die Platte die Linernotes geschrieben, in denen ich die Texte erklärte. Meine heutige Lektorin wusste damals schon, dass ich eines Tages ein Buch schreiben würde und bot mir einen Vertrag an.
Ihr Buch ist ironisch und humorvoll. Können Sie sich ein Leben ohne Ironie und Humor vorstellen? Ist beides nicht oft das einfachste Mittel, um etwas zu überstehen oder auszusitzen?
Ich weiß, was Sie meinen. (Pause) Seit ich auf der Welt bin, ist die jetzige sicherlich mit die radikalste Zeit – auf allen Gebieten. Mir kommt die Gesellschaft wahnsinnig gespalten vor. Die Probleme im nächsten gesellschaftlichen Umfeld sind ebenfalls enorm. Da kommen schon mal die besten Witze von Leuten, die erkrankt sind. Humor und Ironie sind Mittel, um mit der eigenen Situation zurechtzukommen. Wovon ich aber gar kein Fan bin, ist allem mit Sarkasmus oder einer bestimmten Form der Abgefucktheit zu begegnen. Das ist mir eine Spur zu viel. Beim Schreiben und im Alltag benutze ich lieber das feine Schwert der Ironie. Mit Ironie kommt man oft weiter als mit einem ganz klaren Satz.
Wurden aus Ihren Songtexten Passagen für dieses Buch oder hat die Arbeit an diesem Buch Sie zu Songtexten inspiriert?
Bis jetzt nicht. Ich hatte bereits die Idee, dass das Buch seine eigenen Songs bekommt. Andererseits wäre das komisch, da der Protagonist ganz bewusst keine Musik hört. Er findet Musik viel zu anstrengend – insbesondere Liebeslieder, in denen es mit der Liebe nicht klappt. Genau der Grund, warum wir Musik hören, nämlich weil darin Gefühle entwickelt werden, veranlasst ihn dazu, keine zu hören. Er ist auch freiwillig nicht verliebt, denn das stresst ihn nur. Aber vielleicht wäre es dennoch gut, ihm Lieder zu schreiben. Mal sehen.
Wenn Sie ein Buch und ein Album verschenken müssten, weil Sie beide für jeweils essentiell erachten, was wäre Ihre Wahl?
(Pause) Ich hatte Angst, ein Buch zu schreiben, und daher im Internet recherchiert, wie andere Autoren das gehandhabt haben. Da stieß ich auf Stephen Kings Hörbuch „On Writing“. In den ersten dreieinhalb Stunden erzählt er, wie er Schriftsteller wurde und wie sich seine Karriere entwickelte. Seine ganz undeutsche offene Art hat mich mitgerissen. In der zweiten Hälfte legt er dar, wie man gut schreibt. Es hat mich wahnsinnig begeistert, ihm zuzuhören. Es ist ein unterhaltsames und unheimlich wahrhaftiges Buch.
Als Musikalbum würde ich… (Pause) Neulich hat mir Polack ein „Greatest Hits“-Album von Udo Lindenberg geschenkt. Ein Album mit opulenten Liedern, wie man sie heute nicht mehr komponiert – mit Orchestern – und dazu Lindenbergs Stimme. Das ist zur Zeit die Platte, die ich am häufigsten höre.
Kai Florian Becker (Februar 2016)