The Picturebooks sind keine Bluesrock-Band. Blues-Rock-Bande wäre die bessere Umschreibung. Denn Fynn Grabke (Gesang, Gitarre) und Philipp Mirtschink (Schlagzeug) sind allerbeste Freunde und werden begleitet von Fynn Grabkes Vater Claus, der als ihr Manager und Toningenieur fungiert. Der war früher selbst Musiker und unter anderem Sänger der Alternative Rocker Thumb. Ein Gespräch mit seinem Sohn über The Picturebooks.
Kommt es vor, dass im Studio die Songs aufwändiger geraten als sie live zu zweit reproduzierbar wären?
Nein, das ganze Album wurde live im Studio aufgenommen – in unserer Garage, in der wir auch Motorräder bauen. Wir hatten zwei Mikrofone mitten im Raum platziert, um den Raumklang einzufangen und arbeiteten ohne Effekte oder nachträgliche Überarbeitungen. Der rohe Sound sollte auf das Album. Die Lieder sollten auf CD so klingen, wie wir sie beim Komponieren in der Garage geschrieben haben. Die Songs unterscheiden sich bei unseren Konzerten kaum. Viele Fans bewundern uns dafür, weil das bei anderen Bands meist anders ist. Wobei wir auch noch Platz haben, einen Part eines Songs mal etwas länger zu spielen. Der Vorteil bei uns ist, dass Philip und ich beste Freunde sind und der eine immer ganz genau weiß, was der andere da gerade macht, machen will oder fühlt.
Vor wenigen Wochen waren Sie in den USA auf Tournee. Es war bereits Ihre dritte US-Tour. Wie lief es diesmal?
Viel zu gut. Jedes Mal wenn wir dort sind, ist es der Hammer. Die Fanschar wächst und wächst, die Konzerte werden immer besser. Ich liebe kleine Clubs. Aber es ist schon krass, wenn man als aufstrebende Band die angesagten Clubs in Los Angeles ausverkauft. Das ist ein komisches Gefühl, zeigt aber auch, dass sich die ganze harte Arbeit, die wir seit ein paar Jahren in die Band stecken, auszahlt.
Vor zwei Jahren waren wir das erste Mal drüben. Damals hatte uns Cedric Bixler-Zavala, seinerzeit noch Sänger von The Mars Volta, über Instagram gefunden. Er hatte zwar nie einen Ton von uns gehört, aber unsere Fotos gesehen. Die fand er so geil, dass er davon ausging, es stecke coole Musik dahinter. Wir schickten ihm einige Songs, er war begeistert und hatte direkt zwei Shows für uns gebucht. Unsere erste US-Show war auf dem Hollywood Boulevard in dem angesagten Club Harvard & Stone. Zehn Minuten vor der Show kamen die Jungs von Eagles Of Death Metal zu uns und fragten, ob sie nicht auch noch spielen könnten. Kurz darauf gaben sie ein spontanes Konzert. Der Club war ausverkauft, es waren die richtigen Leute da und dann ist das passiert, was man sich immer wünscht: durch viel Mundpropaganda und die sozialen Netzwerke wurden wir bekannt. Obwohl wir weder ein Album noch ein Video hatten, kam der Stein ins Rollen. Ruckzuck hatten wir in den USA ein Label gefunden und eins kam zum anderen.
Es gibt ein Video eines US-Auftritts von Ihnen zu sehen, in dem am rechten und linken Bühnenrand leicht bekleidete Damen an der Stange tanzen. Das gehört wohl nicht zum Standshowprogramm der Picturebooks, oder?
(lacht) Nein, das war eine spontane Idee des Veranstalters. Lange überlegen mussten wir nicht. Es war eine der verrücktesten Shows, die wir je hatten. Irgendwann fingen auch die Damen im Publikum an, sich auszuziehen. Die Leute drehten völlig durch, der Schweiß tropfte von der Decke… Es war wie im Traum. Unglaublich.
Mit auf Tour ist immer auch Ihr Vater, der Ihr Toningenieur und Manager ist. Wie ist es, mit seinem Vater zu touren?
Großartig. Ich kann mir vorstellen, dass es bei anderen anders ist. Aber ich habe zu meinem Vater immer schon ein Spitzenverhältnis gehabt und liebe ihn über alles. Wir sind beste Freunde und beim Arbeiten ein Superteam. Er ist sowohl als Vater als auch als Manager ein superguter. Man muss allerdings zwischen beiden Rollen unterscheiden können. Doch das haben wir ganz gut drauf. Mein Vater, Phillip und ich wachen auf Tour jeden Tag auf, schauen uns an, strahlen und klatschen uns ab, weil wir nicht fassen können, was da gerade passiert.
Kai Florian Becker (Oktober 2015)