East Cameron Folkcore: Kein Leben in einer Komfortblase

Jesse Moore beantwortet gerne Fragen zur Entstehung des neuen Albums „Kingdom Of Fear“ seiner Band East Cameron Folkcore, die Folk, Hardcore und Punk mit viel Protest vermengt. Wer den Frontmann der Texaner jedoch nach den Missständen und Problemen unserer Gesellschaft oder Welt befragt, der erlebt, wie sehr ihn solche Themen bewegen und aufwühlen. Dann ist sein Redefluss kaum noch zu stoppen.

Hatten Sie zu Beginn der Arbeiten an „Kingdom Of Fear“ eine klare Vision davon, wie das Album klingen sollte und welche Themen in den Texten angesprochen werden sollten?
Nein. Wir fingen mit der Vorproduktion Ende Oktober 2013 an – eine Woche nach der Rückkehr von unserer ersten Europatournee. Wir arbeiteten uns durch die Lieder und schauten, welche gut im Bandkontext funktionierten und welche nicht. Wir hatten zuerst 40 Songs und strichen im Verlauf von drei Monaten einen nach dem anderen aus – bis der Rest langsam Gestalt annahm. Aber auch während der Aufnahmen schrieben wir noch weiter. Wir veränderten ständig Passagen, damit insgesamt alles besser und insbesondere die überbordende Textstruktur zusammenpasste. Dieser Prozess dauerte bis zu dem Zeitpunkt, als wir das Album zum Mastern gaben.

Wollten Sie im Vergleich zu den Vorgängerwerken etwas anders machen?
Der größte Unterschied war, dass wir weniger Zeit hatten, die Songs vorher live zu spielen. Dabei verändern und vollenden sie sich für gewöhnlich. Songs zu schreiben und sie gleichzeitig aufzunehmen, ist eine ganz andere Geschichte. Täglich werden Entscheidungen getroffen, die das Gesamtwerk beeinflussen. Du musst dich daran gewöhnen, dich schnell zu entscheiden und nicht zu wissen, was du kreierst, während du es kreierst. Am Ende ist das Album die Summe all dieser kleinen Entscheidungen. Es ähnelt einem Gemälde: Du stehst ganz nah an der Leinwand und arbeitest für Stunden an ein und derselben Stelle; nach dem letzten Pinselstrich trittst du ein paar Schritte zurück und begutachtest erst das Gesamtwerk. So ist das mit diesem Album, das über einen Zeitraum von vier Monaten in täglicher Arbeit zwischen fünf und zehn Stunde entstand. Es erschien keinem von uns im Traum. Es war ein Liebesdienst von allen, die daran involviert waren. Letztlich haben wir dabei alle etwas von unserem Blut auf der Leinwand hinterlassen.

Ihre Texte sind sehr politisch und gesellschaftskritisch. Sie scheinen die Hörer auf Missstände aufmerksam machen zu wollen. Haben Sie den Eindruck, viele schauen am liebsten weg, machen ihr Ding und werden immer egoistischer?
Ich glaube, viele Menschen sind nicht in der Lage, die ganze Wahrheit zu erkennen ohne nicht ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit zu spüren. Anstatt sich am Diskurs zu beteiligen und diese Themen anzusprechen, wollen sie lieber mit der Illusion leben, dass alles okay sei. Sie leben in diesen Komfortblasen, schauen nach draußen und reden sich ein, dass egal, was da draußen passiert, es sie nicht tangiert. Das ist natürlich einfacher, als sich mit der Wahrheit zu konfrontieren. Und wenn die Tests des Elementarteilchenbeschleunigers in Genf stimmen, dass wir alle in einer von unendlich vielen Parallelwelten leben, dann beweist das doch wohl nur, dass letztlich alles eine Illusion ist, so dass wir alle rein gar nichts zu befürchten haben.

Wie wichtig sind sozialkritische und politische Themen in der Popmusik? Hintergrund: Einige deutsche Musikkritiker vertraten zuletzt die These, Pop hätte als Protestmedium weitestgehend ausgedient. Euer Album beweist aber doch das Gegenteil…
Das ist absoluter Mist. Jeder, der denkt, dass Musik kein Mittel zum Protest mehr ist, der versteht deren Bedeutung nicht. Musik ist eine Kunstform, die Menschen verbindet. Wobei selbst die moderne Wissenschaft noch nicht gänzlich ergründet hat, wie Musik Menschen verbindet. Musik ist eine Sprache, die über Sprache hinaus geht. Wir alle finden auf eine andere Art Zugang zu ihr. Als ich das erste Mal Rage Against The Machine und später Bob Dylan, Woody Guthrie, Beethoven, Public Enemy und viele andere hörte, öffnete sich während meines Erwachsenwerdens jedes Mal eine neue Welt für mein konservatives Kleinstadthirn. Jeder von ihnen lehrte mich Dinge über andere Welten. Auf ihre jeweils eigene musikalische Art drückten sie eine tiefergehende Wahrheit aus. Es war, als hätte sich mir die Welt geöffnet und als wäre sie mehr als nur schwarz und weiß. Viele Menschen sehen in der Musik ihre tägliche Ration Süßigkeit oder ihre Flucht von der realen Welt. Etwas Süßes, um sich in ihrem bitteren Leben etwas besser zu fühlen. Und wenn man dann in diese Süßigkeit eine Andeutung von Wahrheit mischt, so dass ihre bittere Leben so bitter erscheinen wie sie sind, dann turnt das einige ab. Aber nur weil jemand etwas nicht mag, macht es das noch lange nicht weniger relevant. Versuch mal Pussy Riot zu erzählen, dass Musik nicht mehr länger als Protest funktioniert. Heute, im Jahr 2015, ist in manchen Ländern dieser Erde das reine Spielen von Musik schon eine Form von Protest. R’n’R kam vom Jazz und vom R’n’B, der vom Blues, der wiederum zuerst von den Sklaven gesungen wurde, die in Metaphern ihre Unterdrückung zum Ausdruck brachten. R’n’R war Teufelsmusik und für viele ist er das heute noch. Er wurde ein Symbol der Rebellion – angefangen in der Swing-Jazz-Ära der 20er Jahre (siehe „Strange Fruit“ von Billie Holliday) bis hin zu den 50er und 60ern, als Musik zum Kleber wurde, der eine Generation von Ruhelosen verband. Von Son House bis zu Death Grips ist Protest Bestandteil des menschlichen Geistes und der Seele, und Musik ist ein Mittel, damit dieser Geist zwischen uns kommuniziert werden kann.

In dem Song „Newspeak“ verweisen Sie auf George Orwells Visionen eines Überwachungsstaates. Ist es nicht gar schlimmer geworden, als er vorhersah? Und wovor haben Sie in der Zukunft Angst?
Man kann wohl sagen, dass Orwell seiner Zeit weit voraus war. Er prophezeite den Weg, in deren Richtung sich die Technologie seiner Zeit entwickelte. Er sah, wie sie für die Überwachung und Untergrabung durch eine Regierung genutzt werden würde. Aber was Orwell nicht prophezeien konnte ist, wie sich neue Technologien, die täglich verbessert und verfeinert werden, auf unser Leben und unsere Gesellschaften auswirken würden und wie sie zum Zwecke der Überwachung und Untergrabung eingesetzt werden würden.

Der Song „Fracking Boomtown“ ist hochaktuell. Vor wenigen Wochen wurde Fracking in Deutschland unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Was ist Ihre Erfahrung mit dieser Methode der Rohstoffgewinnung?
Ich habe Deutschlands Verhältnis zu Fracking verfolgt seitdem dieses Thema immer wieder nach unseren ersten Deutschland-Shows, auf denen wir Song spielten, aufkam. Es ist ziemlich enttäuschend, zu hören, dass Fracking jetzt auch in Deutschland erlaubt ist. Ich hatte zum ersten Mal von dieser Methode in der Dokumentation „Gasland“ des US-Senders HBO gehört. Es ging dort um die persönliche Erfahrung des Regisseurs mit Fracking. Der Grund und Boden seiner Familie in Pennsylvania wurde von Öl- und Gasfirmen, die das Gelände pachten wollten, regelrecht überrannt. „Gasland“ und dessen Fortsetzung illustrierten die subversive Art und Weise, mit der die Firmen sich die Grundstücksrechte erwarben. Es ging zudem um all die Lügen und Vertuschungen in Bezug auf die Grundwasserkontamination und –vergiftung, die Erderschütterungen und die Tatsache, dass es verboten wurde, all dies zu filmen.
Nachdem ich mit einigen Schwachsinnigen mehrere Diskussionen über die Gesetzmäßigkeit der „Gasland“-Dokus führte, begann ich, selbst zu recherchieren. Ich verfolgte den Fracking-Boom hier bei uns in Texas, die Erdbeben und die Wasserverseuchungen rund um Dallas, die dann weitere Städte und auch das Valley betrafen. Ich lernte, dass Reisbauer, die in der Mitte der größten Dürre der modernen Geschichte, ihr Recht auf Wasser zur Bewässerung, das aus dem unteren Teil des Colorados kam, verloren, während gleichzeitig den Farmern von den Öl- und Gasfirmen höhere Summen für ihre Wasserrechte geboten wurden als sie mit ihrer Ernte verdienen konnten. Das passierte in eben jenem Bundesstaat, in dem der ehemalige Gouverneur Perry eine „Predigt für einen regenreichen Tag“ hielt und dennoch fortwährend abstritt, dass der Klimawandel im vollen Gange sei. Ich glaube nicht, dass Fracking eine gute Lösung ist und auch kein Weg für eine Reduzierung der fossilen Brennstoffe. Es ist eine dreckige und gefährliche Methode, um Gas- und Schieferreserven zu gewinnen. Diese sollten besser im Boden bleiben. Anstatt das letzte saubere Grundwasser, das uns bleibt, zu verseuchen und weiterhin nach alten fossilen Brennstoffen zu bohren, die – und das wurde ja schon belegt – der Grund für das Gros unserer modernen Aufruhr sind (wenn nicht sogar der alleinige Grund), warum investieren wir nicht lieber in unsere Zukunft? Etwa mit einer der vielen und immer zahlreicheren Möglichkeiten von sauberen, verlässlichen und unerschöpflichen Energiequellen, die bereits entdeckt und erfunden wurden und sich täglich neu erfinden? Es kann geschafft werden, und es wird profitabel sein. Aber bis die Firmen und Regierungen gleichermaßen große Veränderungen in die Wege leiten, werden wir alle die Reise auf diesem Schiff voller Narren fortsetzen.

In „Protest Hero“ erwähnen Sie Chelsea Elizabeth Manning, die gegenüber WikiLeaks Interna der US Armee preisgab. Wie stehen Sie zu diesen Enthüllungen und all dem, was durch Edward Snowden aufgedeckt wurde?
Ich weiß, in den Augen vieler ist es keine sehr populäre Meinung: Aber ich persönlich finde, man sollte Chelsea Manning und Edward Snowden loben für ihren Mut, dass sie sich gegen die Greueltaten, deren Zeuge sie waren, ausgesprochen und diese öffentlich gemacht haben. Doch stattdessen sind sie Gefangene in dieser Welt. Ich bin ein großer Unterstützer unserer Truppen, aber der beste Platz für sie ist zuhause bei ihren Familien. Sie sollten nicht in ihren imperialistischen Stiefeln der westlichen korporativen Expansion marschieren. Eine Dekade der Kriege führte zu einer Dekade, in der junge Männer und Frauen sich der Armee anschlossen, wo ihnen nur eins beigebracht wurde: wie sie eine Waffe zu benutzen haben und wie sie töten können. Wenn wir zehn Jahre vorspulen, hören wir tagtäglich von Selbstmorden von Veteranen und finden deren Gründe in den vorangegangenen zehn Kriegsjahren. Veteranen leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen oder sind von Schmerzmitteln abhängig, bekommen aber von dem Land, das sie in den Krieg entsandte, nicht die Behandlung, die sie bräuchten. Nach den Anschlägen am 11. September betraten wir eine Welt der Angst, und wir sahen zu, wie unser Land zu dem Übel wurde, das darüber frohlockte, als es ausgeräuchert wurde. Zugleich gaben wir all unsere Persönlichkeitsrechte für einen nach Hautfarben kodierten Terror-Computer auf, der uns täglich auf den neuesten Stand brachte, wie hoch gerade die Terroralarmstufe war. In einem Zeitalter des Terrors aufzuwachsen, also zu Zeiten des Bush-Regimes, war eine Zeit der Unordnung im Vergleich zu der Welt, die ich bis dahin glaubte zu kennen. Es herrschte Konfusion und Misstrauen und ein Gefühl, dass etwas partout nicht stimmte. Leider war es eine Zeit von „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Nur wenige sprachen das aus, was passierte und als es passierte. Dass letzten Endes Leute wie Manning und Snowden, die nach Jahren der Kriege, Lügen, Überwachung und finanziellen Explosion der Summen, die in den Krieg gegen den Terror in unserem Land und auch außerhalb investiert wurden, in diese Lügen, mit denen wir jahrelang gefüttert wurden und die wir schlucken mussten, etwas Transparenz bringen, birgt einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass es doch noch Menschen gibt, die den Mut haben, für das, an das sie glauben, zu kämpfen und es aufbegehren, wenn sie ungesetzmäßige, grässliche Taten gegenüber ihren Mitmenschen beobachten. Ich würde lieber in einer fairen Gesellschaft leben, die für jeden da ist und nicht nur für ein paar Glückliche. Ich würde lieber in einer Welt leben, in der diejenigen, die diese Greueltaten verüben, zur Rechenschaft gezogen werden und ihr eigenes Handeln verantworten müssen und nicht in einer Welt, die diejenigen verdammt und einsperrt, die ihr Wort erheben und etwas Licht in die dunklen Ecken der Weltherrschaften bringen.

In dem besagten Song heißt es auch, dass Howard Zinn alleine starb. Viele mögen mit dem Schicksal von Manning und Snowden vertraut sein, doch was hat es mit Zinn auf sich?
Er ist einer meiner größten Helden. Er war Geschichtsprofessor, ein Aktivist und ein Kämpfer für all diejenigen, die nicht für sich selbst kämpfen konnten. Er war eine Stimme für die vergessene Geschichte, die nicht im Kanon der US-Geschichte niedergeschrieben oder diskutiert worden war. Er schrieb das bei weitem großartigste Geschichtsbuch aller Zeiten. Es heißt „A People’s History of the United States” (zu dt.: „Eine Geschichte des amerikanischen Volkes“). Er war ein Mann, der mit Stolz und Würde kämpfte und mit Eleganz und Hohn gegen die sprach, die seiner Meinung nach falsch lagen oder Falsches getan hatten. Ich hatte die Chance, ihn mal bei einer Signierstunde in Boston zu beobachten. Es war zur Zeit der Irak-Invasion, und ich besichte in Boston eine Schule. Ich vergesse nie, als er zur Fragestunde einlud und ein alter Veteran den ganzen Abend über intervenierte und Zinn einen Verräter und einen unpatriotischen Bürger nannte, weil er sich gegen unseren Präsidenten und den bevorstehenden Krieg aussprach. Mit sehr ruhiger Art ließ Zinn den Mann aussprechen und freute sich insgeheim und grinste, als dieser endlich fertig war. Dann sprach er in einem sehr großväterlichen Ton mit Empathie und Mitleid zu dem Veteranen und erklärte ihm, dass die Informationen, die er über die Situation im Irak hatte, falsch waren. Er erklärte ihm, wie falsch sie waren. Und er legte dar, wie der Industriezweig des US Militärs die USA in diesen endlosen, ungerechten Krieg gegen ein souveränes, unschuldiges Volk führte, damit die westliche korporative Expansion fortgeführt werden konnte, um zum Wohle der privaten Firmen an die Ressourcen der Nationen zu gelangen. Und er verdeutlichte, wie der Irak lediglich der Beginn des „Project for the New American Century“ (zu dt.: „Projekt für das Neue Amerikanische Jahrhundert“) war. Dahinter verbarg sich eine konservative Denkfabrik, die in den früher Neunziger Jahren entstand und die eine „Reagan-Politik der militärischen Stärke und der moralischen Klarheit“ unterstützte. Von den 25 Unterzeichnern dieser neuen Doktrin zur US-Außenpolitik landeten zehn in der Regierung von George W. Bush. Es war ein vernichtender und extrem aufschlussreicher Moment, in dem ich viel über die Wahrheit von dem, was seinerzeit auf der Welt passierte, lernte. Aber noch wichtiger war, von Howard Zinns Empathie zu lernen, wie er auf diesen Veteranen reagierte – auf eine Weise, so dass die Situation nicht eskalierte und Zinn Beherrschtheit, Intelligenz, Geduld und auch Solidarität mit ihm zeigte. Es gab mir zugleich einen Einblick in die Welt, in der ich lebte, und darin, welcher Mensch ich werden wollte.

Fürchten Sie sich eigentlich vor dem „Kingdom Of Fear“ – dem Königreich der Angst?
Da gibt es nicht zu fürchten. Wir leben bereits mittendrin. Es umgibt uns, wir sind längst ein Teil davon. Du kannst wählen, ob du in diesem Leben voller Angst leben willst. Schalte einfach den Fernseher an, schaue dir die Nachrichten, die Werbung oder irgendetwas anderes an, und du wirst jemanden finden, der die Trommel der Angst schlägt, um an deinen innersten Wünschen und Ängsten zu rütteln. Du hast die Wahl: entweder du lebst in Angst und weiterhin als Diener in einer unausgeglichenen und ungerechten Gesellschaft, oder du ziehst einen Strich drunter und setzt dich mit unseren Problemen auseinander. Diese zweite Wahl haben wir alle. Es geht darum, die Dinge zu ändern, so wie sie sind, und um den inneren Zwang, Neues zu erschaffen. Um das Leben und um die Jagd nach Glück zu wählen. Glück in jedweder Form ist kein Recht im Leben, aber ein Daseinszustand, den man nur dann jagen kann, wenn dem ein Werturteil vorausging.

Ist es nicht viel schwieriger als je zuvor, die Wahrheit hinter alledem, was auf der Welt geschieht, herauszufinden? Wer hat nicht mitunter den Eindruck, von einer gigantischen PR-Maschinerie fehlgeleitet zu werden? Wer ist wirklich der Böse im Ukrainekonflikt? Putin? Oder will uns dies nur der Westen unterjubeln?
Ich glaube, die Erfindung von PR und die Art und Weise, wie sowohl Regierungen als auch Firmen diese einsetzen, um die verborgensten Leidenschaften, Sehnsüchte und Ängste der Menschen so zu manipulieren, dass wir das brauchen und daran glauben, was sie einem unterjubeln wollen, das ist die Realität. Die Größe dieser PR-Maschine würde die meisten Menschen sicherlich befremden, aber auch nicht überraschen. Aber davon ab ist Putin mit seinen dickköpfigen Spielchen sicherlich nicht unschuldig. Er ist ein größenwahnsinniger, homophober Diktator, der den Launen seines Egos innewohnt. Wobei ich all meine Russland-News über das PR-Team von Pussy Riot beziehe. Wer also schon sagen, was stimmt und was nicht.

Wie schwer ist es, in Zeiten wie diesen nicht aufzugeben und für klare Gedanken zu sorgen?
Meiner Meinung nach ist das der größte Kampf, der in uns allen tobt. Ob man nun aufgibt oder kämpft – dieser Frage müssen wir uns alle täglich stellen. Aufwachen und zur Arbeit gehen und unsere Körper und Geister durch die immer gleichen Abläufe zu schleifen, gehört zu unseren täglichen Herausforderungen. Eine Welt, in der jeder nur auf sich und seine Bedürfnisse schaut, ist eine Welt, in der dieser Kampf tagtäglich auftaucht. Der Wettkampf untereinander sorgt nur dafür, dass die Intensität mit jeder Dekade zunimmt. Unsere Ressourcen – von Öl bis hin zum Wasser – werden fortwährend dezimiert, doch die globale Population nimmt zu. Dies ist nicht die Zeit, um neutral zu sein. Wir sitzen alle in einem fahrenden Zug, der in einem größeren Zug steckt, der wiederum in einem noch größeren Zug ist. Wie sagte Howard Zinn einmal: „Du kannst nicht neutral auf einem fahrenden Zug sein.“

Kai Florian Becker (Mai 2015)