Archive: Positive Düsternis

Die britische TripHop/Rock-Band Archive hat sich in den 18 Jahren seit ihrer Gründung Stück für Stück ein immer größeres Publikum erspielt. Die treibenden Kräfte dahinter sind Danny Griffiths und Darius Keeler. Ihre Songs sind seit jeher intensiv, spannend und mitreißend. Ende August erschien das neunte Studioalbum „With Us Until You’re Dead“. Ein Gespräch mit Griffiths über den neuerdings sehr elektronischen Sound von Archive.

Das letzte Mal waren Sie hier in der Region auf Tournee mit einem Orchester. Das gefiel nicht allen Archive-Fans. Wie sehen Sie diese Tour im Nachhinein?
Es war schön, zu sehen, dass du mit einem Orchester auf der Bühne stehst und die Songs spielst, die du dir zu Hause in der Küche ausgedacht hast. Das war sehr zufriedenstellend. Auf der anderen Seite konnten wir nicht so laut spielen, wie wir es ansonsten gewohnt sind. Wir mussten uns sehr zurückhalten, um das Orchester nicht zu übertönen. Das war durchaus mühsam. Es war eben mal was anderes.

Ihr neues Album klingt elektronischer als seine Vorgänger. Der bisherige „Massive Attack trifft Pink Floyd“-Sound ist in den Hintergrund getreten. Warum?
Wir wollten den neuen Songs viel Seele einverleiben, nachdem das vorherige Album „Controlling Crowds“ mit viel Mühe zustande gekommen und schwer zugänglich war. Letztlich haben wir auch dieses Mal das gemacht, was wir immer schon gemacht haben: Mit einem Drumcomputer und richtigem Schlagzeug zu arbeiten. Die Beats sollten chaotisch, verrückt, wie ein wildes Gemetzel klingen. Wir haben auch wieder ein Orchester auf dem Album. Aber ja, ich gebe Ihnen Recht, es ist an der Schwelle zur Elektronik.

Ihre Musik ist stets düster. Woher kommt diese Stimmung? Und muss sie immer düster sein? Haben Sie mal versucht, fröhliche Songs zu schreiben?
(lacht) Nein, nie. Aus irgendeinem Grund werden die Songs immer so. Sie haben jedoch keine negative Ausstrahlung, wie ich finde. Es ist eher eine positive Düsternis. Das Komische ist auch: Wir sind ja ein sehr lustiger Haufen und blasen nicht den ganzen Tag Trübsal. (lacht) Es fällt uns einfach leichter, solche Songs zu schreiben. Es ist ein natürlicher Prozess. Meist schreiben wir Liebeslieder, mit denen sich unsere Fans identifizieren können.

Wie schaffen Sie es eigentlich, immer wieder so gut klingende und gut aussehende Gastsängerinnen zu finden?
Haha, ja, das frage ich mich auch immer wieder. Uns ist es wichtig, dass die Stimme besonders ist und durch sie eine gewisse Atmosphäre entsteht. Holly Martin, die Neue in der Band, haben wir über einen Bekannten kennengelernt. Sie passt perfekt zu uns. Da hatten wir mal wieder einen Glücksgriff.

Kai Florian Becker (November 2012)