Robert Stadlober schaffte in den Filmen „Sonnenallee“ und „Crazy“ seinen Durchbruch als Schauspieler. Er ist im Kino, im Fernsehen und auch am Theater zu sehen. Was die wenigsten wissen werden: Der 28-Jährige ist auch Musiker. Er ist Sänger und Gitarrist der Indiepop-Band Gary, die am kommenden Wochenende auf dem Nauwieser Fest gastieren wird. Kai Florian Becker sprach mit dem ehemaligen Waldorfschüler und Indie-Fan Stadlober.
Haben Sie überhaupt Zeit, sich zwischen all den Drehterminen und Proben um Ihre Musikerkarriere zu kümmern? Oder ist die Musik sekundär?
Stadlober: „In erster Linie ist es so, dass ich gar keine Karriere habe. Ich verachte jedwede Karriereplanung und Dinge, die sich Karriere nennen. Für mich bedeutet die Musik genauso viel wie die Schauspielerei. Beides gehört zu meinem Leben. Das eine ist weder wichtiger noch unwichtiger als das andere. Es ist alles ein Teil eines großen Ganzen. Wenn ich ein Album aufnehme, mache ich zwei Monate lang nur Musik. Wenn ich ein Theaterengagement habe, bin ich eben eine gewisse Zeit ausschließlich der Schauspielerei verpflichtet. So ergeht es ja den meisten Musikern, die selten hauptberuflich Musiker sind.“
Wie meinen Sie das: Karriere ist Ihnen nicht wichtig? Wie schwierig ist es folglich, innerhalb der Schauspielindustrie nicht zu sehr vermarktet zu werden?
Stadlober: „Es ist eigentlich sehr leicht. Aber wenn man dennoch das Ziel hat, seinen Lebensunterhalt mit der Schauspielerei zu verdienen, ist es wiederum recht schwierig. Klar kann man zu allem nein sagen. Dann muss man sich allerdings eine andere Verdienstmöglichkeit suchen. Wenn man einen gewissen Anspruch wahren und davon leben möchte, hat das viel mit ständigem Abwägen und Zweifeln zu tun. Natürlich macht man Fehler. Man wurschtelt sich immer irgendwie durch und lernt im besten Fall immer etwas dazu und weiß, was man beim nächsten Mal besser machen könnte.“
Wer gibt Ihnen außer Ihrem Management Ratschläge? Ihre Familie? Ihre Freunde?
Stadlober: „Ich verlasse mich da ziemlich auf mein Bauchgefühl. Zumal es ein sehr komplexes Thema ist, das andere vielleicht gar nicht so durchschauen können. Als Schauspieler und Musiker treffe ich alle Entscheidungen alleine. Es gab nie einen Manager. Ich habe lediglich eine Agentur. Die hält sich aber mit Ratschlägen zurück. Sie vermittelt lediglich.“
Wie wurden Sie musikalisch sozialisiert? Welche Musik hat Sie geprägt?
Stadlober: „Ich bin ganz klar ein Kind der frühen und mittleren Neunziger. Als es den Indie-Boom gab – sowohl auf der englischen wie auf der amerikanischen Seite. Sei es nun Teenage Fanclub, Sebadoh, Pavement oder Lemonheads. Besonders die drei Letztgenannten waren meine großen Idole.“
Sind das Bands, die Sie auch heute noch hören beziehungsweise sich live ansehen?
Stadlober: „Oh ja, Sebadoh habe ich mittlerweile vier Mal live gesehen. Lou Barlow liebe ich sowieso. Ich habe alles, was dieser Mann veröffentlicht hat.“
Barlow spielt Gitarre. Ihr erstes Instrument war aber eine Geige. Warum?
Stadlober: „Ich war Waldorfschüler und zwangsbeglückt, ein Instrument spielen zu müssen. Ich war sieben Jahre alt und fand damals Mozart sehr toll. Da der Geige gespielt hatte, wollte ich das auch. Geschadet hat es mir ja nicht. Mit 13 Jahren wechselte ich dann zur Gitarre.“
War die Waldorfschule für Sie der richtige Weg?
Stadlober: „Das ist sehr zwiespältig zu sehen. Die ersten drei, vier Jahre ist die Waldorfschule für die freie Entfaltung sehr hilfreich. Aber sobald man anfängt, eigene Interessen zu entwickeln, wird es schwierig, weil die Waldorfschule schon sehr rigide ist in Bezug auf das, was in ihr Programm passt und was nicht. Das ging bei mir mit zwölf, 13 Jahren los. Ich eckte in der Folge öfters an.“
Kai Florian Becker (Juli 2011)