Electricity 2008: Enttäuschung in Luxemburg

Im letzten Jahr trat Electricity, das 2002 ins Leben gerufene Festival der elektronischen Musik, erstmals über die Grenzen Deutschlands. Neben Saarbrücken kamen Spielstätten im luxemburgischen Esch-sur-Alzette sowie in Nancy dazu. Am Freitag fand nun in der Rockhal in Esch zum zweiten Mal das Electricity Festival statt – mit stattlichen 2.000 Besuchern, aber auch mit einem äußerst durchwachsenen Programm.

Esch-sur-Alzette. Den wuchtigen Betonbau der Rockhal für ein Electro-Festival mit drei Tanzflächen herzurichten, ist kein leichtes Unterfangen. Doch mit einigen Vorhängen und einer kostspieligen Lichtanlage wurde sogar der Betonburg etwas Atmosphäre einverleibt. Dennoch verloren sich die knapp 2.000 Besucher in dem riesigen Bau. In der großen Halle wollte partout keine Stimmung aufkommen. Selbst die vermeintliche Hauptattraktion der Nacht, das Gorillaz Sound System, hatte erhebliche Schwierigkeiten, dem Publikum auch nur einen Funken Leben einzuhauchen. Mit den großartigen Gorillaz, die Damon Albarn von Blur Ende der Neunziger mit dem Trickfilmzeichner Jamie Hewlett gründete, hatte das erschreckend wenig zu tun. Ein DJ, ein nerviger Rapper mit den immergleichen Sprüchen, und ein Percussionist, der mehr tanzte als auf seinen Instrumenten zu spielen, dazu ein paar Ausschnitte aus Gorillaz-Videos und reichlich Konservenmusik – seltsamerweise meist von anderen Künstlern. So hart es klingen mag: Dieser Auftritt war ein Witz. Während GSS den großen Saal konsequent leer spielten, zeigten im Club zwei Luxemburger, mit welch minimalem Aufwand ein Publikum für sich gewonnen werden kann. Artaban benutzten Beats, Keyboards, Samples und einen Bass und erzeugten damit spannende elektronische Musik. Kurz danach hämmerte bei Shameboy, zwei belgischen DJs mit Synthesizern und Laptops, in bester Daft Punk- und Justice-Manier derbe House-Musik aus den Boxen. Da mutierte jeder im Saal zum Tanzbär. Doch solche Aha-Effekte waren rar gesät in dieser weitestgehend lang(weilig)en Nacht. Wenigstens The Bloody Beetroots brachten den Club noch zum Kochen und versetzten 1.000 Zuschauer in Ekstase.

Alles in allem hatte dies mit der ursprünglichen Idee der Electricity-Erfinder, die sich längst aus der Leitung des Festivals zurückgezogen haben, nur noch den Namen und die elektronische Ausrichtung des Programms gemein. Am 30. Januar soll angeblich in Nancy das nächste Electricity-Festival stattfinden. Zu dumm nur, dass im Internet keine verbindlichen Informationen zum Ablauf zu finden sind. An der Abstimmung zwischen den drei Veranstaltern scheint es massiv zu hapern. Denn nicht mal eine gemeinsame informative Website zu allen Electricity-Events gibt es.

Kai Florian Becker (Dezember 2008)