Sophia: Definitiv Sophia und definitiv anders

Robin Proper-Sheppard gründete 1995, nach dem Aus des Post-/Alternative Rock-Trios The God Machine (1990-1994), die Indieband Sophia. Mit der hat er bis dato sechs Studioalben veröffentlicht, die von atmosphärischem, melancholisch-traurigem Indierock geprägt sind. Fröhliche Songs zu schreiben, konnte Proper-Sheppard bisher keine schreiben. SZ-Mitarbeiter Kai Florian Becker sprach mit ihm auch darüber.

Wer das Facebook-Profil Ihrer Band verfolgt, gewinnt den Eindruck, dass Sie geradezu euphorisiert sind von ihrer aktuellen Band. Täuscht dieser Eindruck?
Keineswegs. Das großartigste an dieser Band ist, dass alles – und ich meine wirklich alles – möglich zu sein scheint. Egal ob es die frühen, sehr atmosphärischen Sophia-Songs oder die später wesentlich härteren und krachigeren sind, sie schaffen alles spielend und verleihen den Songs ihren eigenen Touch und, was noch wichtiger ist, ihre eigene Energie. Wir haben Sophia auf das nächste Level gehoben. Das fing damit an, wie sie sich im Studio so locker und fließend durch die verschiedenen Texturen des Albums „As We Make Our Way (Unknown Harbours)” gespielt haben. Es ist ein vielschichtiges Album mit vielen Texturen und wechselnder Dynamik. Erst als wir für die Tour zum Album die Songs probten, realisierte ich, wie gut wir auch die alten Songs auf die Bühne bringen würden. Eine großartige Band!

Inwieweit ist „As We Make Our Way (Unknown Harbours)“ anders als die Vorgängeralben?
Es ist definitiv ein Sophia-Album, und es ist definitiv anders. Wie gesagt: Es gibt viele neue Texturen und Dynamiken, die ich auf den vorherigen Alben nie so gut einfangen konnte. Was wohl daran liegt, dass ich einen veralteten Ansatz bei den Aufnahmen wählte. Statt mit dem Computer all die kleinen Unvollkommenheiten, die ein persönliches Album ausmachen, mit dem Computer auszubessern – ein Prozess, der vielen modernen Alben jeglichen menschlichen Touch raubt -, setzte ich auf eine moderne Bandmaschine. Wir nahmen live und ohne die üblichen Sicherheiten auf. Ich versuchte so, die Seele des Albums nicht zu verlieren.

Können Sie sich vorstellen, je einen fröhlichen, aufbauenden Song zu schreiben?
Nun, einige Menschen sind der Meinung, dass die Traurigkeit in meinen Songs einen aufbauenden Charakter hat. Aber werde ich je einen zutiefst fröhlichen Song schreiben? Ich weiß es wirklich nicht.

In den letzten Jahren haben Sie auch als Produzent gearbeitet. Wie wohl fühlen Sie sich auf der anderen Seite des Mischpults?
Ich liebe das Produzieren. Es raubt dir eine Unmenge an Energie, und du musst dich für zehn, zwölf, manchmal gar 14 Stunden am Tag voll konzentrieren. Doch es zahlt sich aus. Ich wollte immer Lehrer werden, aber ich verließ die Universität, um Rock’n’Roller zu werden. So wurde das mit dem Lehrer nichts. Doch jetzt kann ich anderen helfen und sie an meinem Wissen, meiner Erfahrung und hoffentlich auch meinem Enthusiasmus teilhaben lassen.

Vor fast einem Jahr erschien von der schottischen Postrock-Band Mogwai der Soundtrack „Atomic“, auf dem auch Sie zu hören sind. Wie kam‘s?
Es ist einfach passiert. (lacht) Ich machte mich nach Schottland auf, um meinen guten Freund Malcolm Middleton, der in St. Andrews lebt, zu treffen. Auf dem Weg dahin machte ich in Glasgow einen Zwischenstopp, um die Jungs von Mogwai, die ich schon lange kenne, zu besuchen. Sie legten gerade letzte Hand an „Atomic“ an. Stuart Braithwaite und Martin Bulloch sagten: Schnapp dir eine Gitarre! Dann machten sie sich zu einem Fototermin auf, und ich war mit Produzent Tony Doogan für vier Stunden allein im Studio. Als die Jungs zurückkamen, waren wir schon fertig. Es war ein wirklich kleiner Part, aber Tony mochte ihn sehr und fand, er verleihe dem Song noch mehr Charakter. Ich war mir nicht sicher, ob mein Part auf dem Album landen würde. Aber ich war sehr stolz, als es letztlich so kam.

Kai Florian Becker (März 2017)