Genetikk: Saarländische Erfolgsgeschichte

Zwei Nummer Eins-Alben in Folge – wann gelang das zum letzten Mal einem saarländischen Künstler? Der Sängerin Nicole nicht einmal im Zuge ihres Eurovision Song Contest-Sieges. Nach Platz eins mit dem Album „Ein bisschen Frieden“ anno 1982, erreichte sie ein Jahr später mit „So viele Lieder sind in mir“ nur Platz 22. Von Sandra ganz zu schweigen, die nur ein Mal in der Top 5 geführt wurde. Für Genetikk stellte dies indes kein größeres Problem dar.

Das aus Saarbrücken stammende HipHop-Duo stand vor zwei Jahren mit „D.N.A.“ an der Spitze der deutschen Charts und vor wenigen Wochen erneut mit dem Nachfolgewerk „Achter Tag“. Doch wer steckt hinter dem Duo mit den düsteren Voodoomasken?

Der 26-jährige deutsch-italienische Rapper Karuzo und der ein Jahr jüngere Produzent Sikk lernten sich während ihrer Schulzeit kennen. Sie stellten schnell fest, dass sie ein und derselbe musikalische Traum vereint. Etwa 2009 formierten sie das Duo Genetikk und veröffentlichten im Jahr darauf ihr Debütalbum „Foetus“, das sie als kostenlosen Download anboten. Schon damals standen sie für realistischen, teils ironischen Straßenrap. Und schon damals versteckten sie ihre wahren Gesichter – mittels einer schwarz-weißen Gesichtsbemalung, die an einen Totenkopf oder einen bösen Clown erinnerte. Laut Karuzo helfe ihnen die Maskerade, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. „Ein Gesicht lenkt im Prinzip immer von den Inhalten ab“, erklärte er unlängst.

Ende 2011 unterzeichneten sie einen Vertrag bei dem Düsseldorfer Indielabel Selfmade Records, über das kurze Zeit später das Album „Voodoozirkus“ veröffentlicht wurde. Mit diesem gelang ihnen bereits der Sprung in die Top 10 der deutschen Downloadcharts. Es folgten eine Tournee im Vorprogramm des bekannten Wu-Tang Clan-Mitglieds GZA und eine mit dem saarländischen Rapper DCVDNS sowie der Gruppe 257ERS.

Im Juni 2013 erschien das dritte Album „D.N.A.“. Weil sich Genetikk bereits in der HipHop-Szene etabliert hatten, konnten sie einige renommierte Gäste im Studio begrüßen. So sind auf „D.N.A.“ der Selfmade Records-Künstler Kollegah („À La Muerte“), Sido („Liebs Oder Lass Es“) und Wu-Tang Clan-Kopf RZA („Packets In Den Boots“) zu hören. Die Songs ernteten viel Kritikerlob und „D.N.A.“ landete auf Platz eins der deutschen Albumcharts. Dort konnten die beiden Saarländer, die mittlerweile statt Schminke Voodoomasken tragen, sich zwar nur eine Woche lang halten, aber dieser Erfolg war ihnen nicht mehr zu nehmen. Und darauf ausruhen wollten sie sich nicht. Sie tourten fleißig, gründeten das Modelabel HIKIDS 1991 und das Studio Factory, in dem ihr zweites Nummer Eins-Album „Achter Tag“ entstand.

Am kommenden Freitag werden sie auf dem „Urban Art! HipHop Festival“ in Völklingen vor heimischem Publikum ihren Tourauftakt feiern. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird dies nicht das Ende ihrer Erfolgsgeschichte markieren. Das Duo, das modernen, abwechslungsreichen Straßenrap ohne Mainstream-Anbiederung zelebriert, hat sich etabliert. Dafür sprechen eine ausverkaufte Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, Cover-Storys, Auftritte auf den größten Festivals und eine knappe halbe Million Facebook-Fans.

Kai Florian Becker (Juli 2015)