OneRepublic: Doch überzeugend

Das Team des Atelier hatte es mal wieder geschafft, sich einen ganz dicken Fisch aus dem großen Pop-Teich zu angeln. Nach Kraftwerk, Moby, The Smashing Pumpkins, Travis und Deftones standen dieses Mal OneRepublic auf der verhältnismäßig kleinen Bühne in der Hollericher Straße. Dessen nicht genug: Die Band um den 31-jährigen Ausnahmekomponisten und -musiker Ryan Tedder gastierte an zwei Abenden hintereinander im Atelier: mittwochs und donnerstags. Nach drei Konzerten in Russland und kurz vor ihren beiden einzigen Deutschlandauftritten im Rahmen ihrer aktuellen Europatournee also zwei Mal Luxemburg. Erstaunlich. Die Atelier-Macher konnten wahrlich stolz sein.

Beide Abende waren schon im Vorfeld restlos ausverkauft. Bereits am Vormittag sollen sich die ersten weiblichen Fans vor dem Atelier eingefunden haben, um später möglichst nah bei Tedder & Co. zu sein. Abends war ein Durchkommen in Richtung Bühne aufgrund der geballten Fanmasse unmöglich. Darüber verwundert brauchte sich niemand zu zeigen. OneRepublic sind längst „global player“.

Den Grundstein für ihren Erfolg legten sie dank ihres Mentors Timbaland, dem Hitproduzenten von Missy Elliott, Aaliyah und Jay-Z, 2007 in Form des Songs „Apologize“. Der stand in über einem Dutzend Ländern an der Spitze der Charts. OneRepublic konnten zwar mit den danach veröffentlichten Singles, etwa. „Stop And Stare“ und „Good Life“, nicht an den Erfolg ihrer ersten anknüpfen und auch ihr Debütalbum „Dreaming Out Loud“ war erfolgreicher als der Nachfolger „Waking Up“. Doch dank massiven und fortwährenden Radioairplays ist die Band über Monate, ja sogar Jahre hinweg in aller Munde geblieben und damit – so banal es klingen mag – im Ohr.

OneRepublic, das ist vor allem Ryan Tedder. Der war in der Vergangenheit sehr emsig. Er schrieb und produzierte Songs für Adele, James Blunt, Kelly Clarkson, James Morrison, die Pussycat Dolls und die Backstreet Boys, um nur einige aus seiner schier endlosen Kundenliste zu nennen. Tedder weiß demnach, was es heißt, einen erfolgversprechenden Popsong zu schreiben. Und genau das ist der Haken: Die OneRepublic-Songs sind zu sehr auf Erfolg getrimmt, zu schmalzig, im schlimmsten Fall sogar schleimig.

Insofern standen am Donnerstag die Fragen im Raum, wie ihre Songs live wirken würden, wie sich der Kreativkopf Tedder in seine Begleitband einfügen würde und wie diese trotz ihres immensen Bekanntheitsgrades im beschaulichen Atelier zurecht kommen würde.

Übrigens verbindet Tedder mit Luxemburg etwas sehr Essentielles: Hier schrieb er in einem Hotel die besagte erste Single „Apologize“. Als OneRepublic diese nach gut einer halben Stunde spielten, sang den Text fast jeder im Saal mit. Das Publikum lag der Band zu diesem Zeitpunkt bereits zu Füssen. Die zeigte sich wiederum dankbar, in einem „intimen Club“, wie Tedder das Atelier nannte, und bei solch einer ausgelassenen Stimmung spielen zu dürfen. Neben den vielen Hits wie „Secrets“ und aktuell „Good Life“ gaben OneRepublic auch einen kurzen Ausblick auf ihr drittes Album preis: den Song „Life In Color“. Der fügte sich nahtlos in die bisherige Hitsammlung ein, zu der sich am Donnerstag einige Coverversionen gesellten: „With Or Without You“ von U2, Adeles „Rolling In The Deep“ und ein Medley bestehend aus „Stand By Me“ (Ben E. King), der Fussballstadion-Hymne „Seven Nation Army“ (The White Stripes) und Justin Timberlakes „Sexy Back“. Die Herren um Tedder können also auch die Lieder anderer perfekt interpretieren und nahtlos in ihr eigenes Songrepertoire einreihen. Und ihre eigenen Lieder beziehungsweise die aus Tedders Feder waren live um einiges lebendiger, dynamischer und mitunter auch rockiger. Es war eine rundum überzeugende Darbietung.

Kai Florian Becker (April 2011)