Beth Gibbons: Lives Outgrown

Im Januar ist Beth Gibbons, die Stimme und Texterin von Portishead, 59 Jahre alt geworden. Nachdem sie mit den TripHop-Meistern aus Bristol zwischen 1994 und 2008 drei grandiose Studioalben und mit dem früheren Talk Talk-Bassisten Paul Webb alias Rustin Man das gemeinsame Album „Out Of Season“ (2002) veröffentlicht hatte, erschien vor fünf Jahren ein Livealbum von ihr: „Henryk Górecki: Symphony No. 3 (Symphony Of Sorrowful Songs)“. Aber erst jetzt veröffentlicht sie unter dem Titel „Lives Outgrown“ ihr Solodebüt.

Wieder arbeitete sie mit einem früheren Talk Talk-Mitglied zusammen. Dieses Mal war es Schlagzeuger Lee Harris, der auch schon für „Out Of Season“ trommelte. Auf ihn wartete eine außergewöhnliche Aufgabe: Gibbons war den üblichen Schlagzeugsound leid. Daher kamen andere Objekte zum Einsatz: eine Holzschublade, mit Erbsen gefüllte Dosen, eine Paella-Schüssel, ein Blech, eine Wasserflasche aus Kuhfell als Snare und eine Kiste voller Gardinen als Kick-Drum. All das wurde meist nur mit weichen Paukenschlägern bespielt. Zum weiteren Instrumentarium zählten eine Gitarre, ein Hackbrett, Röhren, eine Laute, eine Art Kontrabass und Löffel, die auf die Saiten eines Klaviers geschlagen wurden.

Keine Frage: „Lives Outgrown“ klingt ungewöhnlich. Wegen der Instrumentierung, wegen Gibbons unverwechselbarer Stimme und wegen der Dramatik und der Melancholie, die den Songs über Mutterschaft, Angst, die Wechseljahre und Sterblichkeit innewohnt. Man kann durchaus die Entwicklung von Portishead anno 1994 zu Gibbons im Hier und Jetzt erkennen. Wobei „Lives Outgrown“ kein TripHop-Album ist, wie man unter anderem an „Whispering Love“, einer Akustikballade mit Vogelgezwitscher und Hühnergackern, feststellen kann.