Helge Schneider: Mama

Es braucht kein Corona, um das aktuelle Weltgeschehen mit Sorge zu betrachten. Und es braucht keinen Pessimismus, um betrübt auf das zu blicken, was hierzulande und sonstwo auf der Welt passiert. Den Kopf mal freizubekommen, auf andere Gedanken zu kommen, das ist wichtig. Insofern ist die Nachricht, dass der Tausendsassa Helge Schneider ein neues Album aufgenommen hat, mehr als willkommen. Sein Label Roof Music schreibt hierzu: „In dieser Zeit der infamen Networkanschuldigungen und irreal gewienerten Benutzeroberflächen, wohlgemerkt Software, ist es anscheinend einem übernatürlichen Superwunder gelungen, eine sich selbsterklärende ‚normale‘ Schallplatte hinzubekommen.“ Diese Platte, die morgen erscheint, hat der 65-jährige Jazzmusiker, Komiker und Schauspieler „Mama“ (Roof Music/Rough Trade) getauft und sei „sein neuester Ausbund an Ehrlichkeit in Form von Musik“.

Fürwahr, nicht jeder kann (immer) etwas mit seinem eigenwilligen bis schrillen Humor anfangen – der Autor dieser Zeilen eingeschlossen. Aber mit seinem neuen Album schafft es Helge Schneider, einem ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das funktioniert bereits im Auftakt „Heute Habe Ich Gute Laune“, dessen infektiöse gute Laune an Bobby McFerrins Welthit „Don’t Worry, Be Happy“ aus dem Jahr 1988 erinnert. Mit ihm hat er sein Faible für den Jazz gemein.

Auf „Heute Habe Ich Gute Laune“ folgt mit dem Titelsong eine skurrile Lobhuldelei an die Mutter. Danach veralbert er in „Ich Setz Mein Herz Bei Ebay Rein“ die sozialen Medien, die Streamingdienste und das Internet im Allgemeinen. Im Text spricht er von „Fitz-fatze-fuck“ (herrlich!) und singt: „Ich setz mein Herz bei Ebay rein / Dann bin ich nicht mehr ganz allein“. Auf seine typisch klamaukige Art beschreibt er das, was bei nicht wenigen Menschen zu beobachten ist: Sie wollen ihre Einsamkeit mit Hilfe des Internets lindern.

„Forever At Home“ ist so etwas wie Helge Schneiders Corona-Hymne: Er hat sich zuhause verbarrikadiert und versucht, die häusliche Isolation zu genießen – mit Erfolg und mit Swing. Es ist erstaunlich, wie er aktuelle Themen auf kabarettistische Art in seinen Songs abhandelt; in der „Boss“ ist es dann die Ausbeutung von Angestellten. Wobei nicht immer ganz klar ist, worum es in seinen Texten geht. In „Der Geburtstagskuchen“, „Roswitha“ und in „Samba In Der Nacht“ steht wohl alleinig der Unterhaltungsfaktor im Vordergrund. Das gilt auch für die Mini-Hörspiele „Beim Friseur“ und „Die Neue Mode“, die sich zu den zwölf „regulären“ Songs gesellen. Das Album endet schließlich so gut gelaunt wie es begann: mit dem frohlockenden Klavier-Pfeif-Instrumental „On The Set“.

„Mama“ ist übrigens eine waschechte Soloplatte. Helge Schneider hat alle Instrumente selbst eingespielt – sei es Klavier, Schlagzeug, Trompete, Gitarre, Orgel, Saxofon, Kontrabass oder Rumbarassel. Somit wird er dem Terminus Alleinunterhalter mehr als gerecht.