Station 17: Totale Lust-Platte

1988 wurde in Hamburg die Band Station 17 gegründet, in der seit jeher Menschen mit und Menschen ohne Behinderung miteinander musizieren. Diese Tatsache mag die Band allerdings nicht mehr thematisiert wissen und lieber ausschließlich über Musik reden. Gerade ist ihr Album „Fieber“ erschienen. Kai Florian Becker im Gespräch mit Peter Tiedeken (Bass, Ex-The Robocop Kraus) und Christian Fleck (Synthesizer, zudem Mitglied bei Like A Stuntman).

Zu Ihrem vorletzten Album „Goldstein Variationen“ wurde die Band umbesetzt. Warum war dieser Schnitt notwendig?
Tiedecken: „Nun, das war eine institutionelle Geschichte. Sagt man zumindest. Es gibt noch eine andere Version. In meinen Augen gab es einige Musiker, die keinen Bock mehr hatten, Musik zu machen. Es waren wieder welche gefragt, die mit vollem Eifer mitmachen wollten. Mittlerweile haben wir eine Besetzung, die das Konzept von Station 17 sehr gut versteht und total Lust darauf hat.“

Die Elektronik hat in Ihren Songs einen wichtigen Stellenwert. Es heißt sogar, typische Rocksongs hätten für Sie keine Bewandtnis mehr. Warum nicht?
Tiedecken: „In Anbetracht dessen, was die einzelnen Bandmitglieder imstande sind, zu tun, ist es wenig sinnvoll, klassische Rocksongs zu machen. Dazu kommt, dass mich Rock in der Regel nicht sehr berührt. Insgesamt ist unser Musikgeschmack sehr breit gefächert. Zuletzt haben wir uns aber stark von moderner Avantgarde beeinflussen lassen, weil der freie Ansatz mehr Spielspaß garantiert.“

Warum ist das Album über weite Strecken instrumental?
Tiedecken: „Ganz einfach: Weil keiner Lust hatte, ans Mikrofon zu gehen. Dafür aber Lust, ein Instrument zur Hand zu nehmen. ‚Fieber‘ ist eine totale Lust-Platte – allerdings nicht im sexuellen Sinne. Jeder hat das gemacht, worauf er Bock hatte. Das Mikrofon war nie so verlockend. Insofern war es keine bewusste Entscheidung zum Instrumentalen hin.“
Fleck: „Wenn in Stücken Sprache auftaucht, dann passierte das zufällig und ganz nebenher.“

„Fieber“ wurde in nur 14 Tagen aufgenommen. Spürten Sie nicht einen ungeheuren Druck, in der Kürze der Zeit alles fertig zu bekommen?
Tiedecken: „Auf jeden Fall. Allerdings gehen die Meinungen diesbezüglich innerhalb der Band weit auseinander. Einige hatten totalen Spaß daran. Andere, wie ich, spürten totalen Druck. Ich hab in der Zeit fünf Kilos zugenommen.“
Fleck: „Ich habe dafür abgenommen und weitaus weniger Druck empfunden.“
Tiedecken: „Ich für meinen Teil würde das nicht wieder so machen und lieber über einen langen Zeitraum hinweg ein Album konzipieren.“

Kai Florian Becker (April 2011)