Die in Essex geborene Singer-Songwriterin Gemma Ray hatte sich im Vorfeld ihres sonntäglichen Auftritts im kleinen Club der Garage in Saarbrücken redlich Mühe gegeben. Die Haare hatte sie sich zu einer Art Turmfrisur hochgesteckt und – wie die Mikrofonständer – mit Rosen geschmückt. Ihre weiß-schwarzen Lackschuhe glänzten, als hätte sie sie noch nie zuvor getragen. Dazu trug sie ein strenges Kleid und Strümpfe, die sie bis über die Knie hochgezogen hatte. All diese Mühe für nur ein Dutzend Fans.
Dennoch scheute sich Ray, die anfangs einen schüchternen Eindruck machte, nicht, zwischen den Liedern das Gespräch mit dem Publikum zu suchen. Sie hatte wohl einen schönen Abend, denn entgegen ihrer vorher festgelegten Songauswahl, gab es am Ende gar noch ein spontanes Extralied und für fast jeden Konzertbesucher ein Autogramm. Später erklärte sie, vor so wenigen Leuten zu spielen, bedeute, sehr konzentriert zu agieren. Das musste sie auch sein, schließlich hatte sie ihre Begleitband zu Hause gelassen und war lediglich mit Gitarre, Verstärker, Effektgeräten und einem Küchenmesser angereist. Letzteres benutze sie, um bei ihrer Version des – wie sie sagte „sehr sehr schmalzigen“ – George Gershwin-Klassikers „I’ve Got A Crush On You“ die Gitarrensaiten zu malträtieren und ihnen einen wimmernden Klang zu entlocken. Ihre eigenen Lieder hatten viele melancholische, dramatische Momente wie diesen. Auf ihrer Surf/Rock’n’Roll-Gitarre zitierte sie immer wieder Folk, Blues und Country und sang mit viel Hingabe – beispielsweise über einen Liebhaber, der zu ihrem Leidwesen noch vor dem Frühstück Heavy Metal hörte („Metal In The Morning“).
Kai Florian Becker (Oktober 2009)